Zillertalerin mit „Hypochondrie“ zum Sieg bei Poetry Slam Meisterschaften
Lange Zeit schlummerte ein Talent in Johanna Kröll aus Ramsau. Nun kann das ein großes Publikum hören. Mit Wortwitz und Ironie gewann sie die Meisterschaft im Poetry Slam.
Von Eva-Maria Fankhauser
Ramsau –Die Nervosität sitzt ihr im Nacken. Es ist die dritte Runde auf der großen Bühne in Graz. Alles oder nichts. Der Sieg greifbar nah und doch so fern. Denn Johanna Kröll aus Ramsau hatte bis vor eineinhalb Jahren nicht einmal daran gedacht, dass dieses Talent in ihr steckt. Ein Talent, das zur Leidenschaft wurde, das das Lampenfieber von einer Sekunde zur nächsten wegwischt. Ein Talent mit dem sie andere zum Lachen bringt.
Johanna Kröll stand vor wenigen Wochen in der Endausscheidung der österreichischen Poetry-Slam-Meisterschaften in Graz. Ein Bewerb, der nur mit Worten ausgetragen wird. Alle 27 Teilnehmer aus ganz Österreich trugen ihre selbstverfassten Texte vor – von lyrisch, gereimt bis zu Erzählungen. Kröll trug ihren Text „Hypochondrie“ vor. „Ich war schon immer ein Mensch, der sich Krankheiten eingebildet hat. Mittlerweile kann ich damit umgehen“, scherzt die 27-Jährige. Mit viel Schwung, Wortspielen, kräftiger Stimme und einer Geschichte voller Ironie, die man nicht so schnell vergisst, redete sie sich zum Sieg.
Ein Moment, der die sonst so redegewandte Zillertalerin sprachlos machte. „Das war für mich was richtig Großes. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich war so beeindruckt, was die anderen Teilnehmer sprachlich gemacht haben“, erzählt Kröll. Zudem räumte sie auch noch den Newcomer-Award ab.
Im April 2018 packte die Zillertalerin die Lust. Spontan nahm sie an einem Poetry Slam in der Bäckerei Innsbruck teil. „Ich war zuerst eingeschüchtert. Aber wenn, dann wollte ich gleich mitmachen.“ Gesagt, getan. Mit einem witzigen Vortrag übers Recyclen und wie man es auch übertreiben kann, kam sie beim Publikum gut an.
Seither tritt sie regelmäßig in ganz Österreich auf. Sie wirkt auf den ersten Blick eher ruhig und schüchtern. Doch in ihr schlummert ein großes Talent. Ein lautstarkes Talent. „Meine Kurzgeschichten haben meist etwas mit mir zu tun und sind zu 90 % witzig“, sagt Kröll. Zu ihren Lieblingsthemen zählen die Schule und das Lehrerin-Sein. Sie unterrichtet derzeit an der Volksschule Hainzenberg. „Natürlich sind meine Geschichten frei erfunden und handeln nicht von meinen Schülern. Aber viele Dinge im Schulsystem sind für mich nicht in Ordnung. Oft traut man den Kindern zu wenig zu. Man entzieht ihnen das Selbstbewusstsein“, erklärt Kröll.
Die Ideen zu den Texten kommen ihr oft spontan oder in Gesprächen mit Freunden sowie Familie. Wie ein Geistesblitz. Ihre größte Kritikerin, aber zugleich auch ihr größter Fan ist ihre Schwester Victoria. „Sie gibt mir immer gutes Feedback und muss sich mittlerweile auch alle meine Texte anhören“, sagt Kröll.
Meist gehen ihr die Texte leicht von der Hand. „Im Mantel der Ironie schreiben sich die lustigen Sachen oft schnell“, sagt sie. Ein Prosatext ist teils in einer Stunde fertig. Bei Gedichten variiert der Aufwand. Bei vorgegebenen Themen kann es schon mal zum Kopfzerbrechen kommen. „Einmal hat mich ein Thema bis in meine Träume verfolgt. Dann habe ich über genau diesen Traum getextet und es kam was Lustiges dabei heraus“, erzählt die 27-Jährige.
Das Besondere am Poetry Slam ist für sie nicht der Wettkampf: „Das mag ich daran am wenigsten.“ Sondern die Freude am Texten und Vortragen. „Das ist eine Bühne, die Platz hat für die verschiedensten Menschen. Dazu muss man kein Lyriker sein. Das kann jeder mal versuchen.“