Damit Abwanderung nicht sofort aufs Budget schlägt
Strukturschwache Gemeinden werden seit 2017 vom Land unterstützt. Der Bevölkerungsentwicklung wird künftig weniger Gewicht beigemessen.
Von Manfred Mitterwachauer
Innsbruck –Wer wandert aus, wer siedelt sich an? Für die Bürgermeister der 279 Tiroler Gemeinden ist das ein budgetrelevantes Kriterium. Entscheiden diese Zahlen doch mitunter, ob eine finanzielle Zuwendung des Landes fließt oder von einem aufs andere Jahr versiegt. Der für Gemeinden zuständige Landesrat Johannes Tratter (VP) will diese Schwankungen jetzt abflachen.
Seit dem Jahr 2017 greift das Land „strukturschwachen“ Gemeinden finanziell unter die Arme. Wer in diese Kategorie gemäß einer Richtlinie des Landes zur Gewährung von Bedarfszuweisungen fällt, entscheidet sich anhand definierter Parameter. Wie etwa der jeweiligen Finanz- und Wirtschaftskraft einer Gemeinde. Als strukturschwach gelten jene, die unter dem Landesdurchschnitt der Finanzkraft von derzeit 1185 Euro pro Einwohner (Gemeindefinanzbericht 2019) zu liegen kommen. Weitere Kriterien sind Siedlungsdichte und Bevölkerungsentwicklung.
Letztere ist bis dato mit 50 Prozent unter den Förderkriterien gewichtet. Das hat aber zur Folge, dass bereits geringe Änderungen in der Ab- und Zuwanderungsbilanz zu hohen Schwankungen der Förderhöhe in den betroffenen Gemeinden führen, wie Tratter selbstkritisch anmerkt. Das stellt wiederum die Planbarkeit in der Erstellung der ohnedies angespannten Gemeindebudgets vor eine große Herausforderung. Das zeigt sich beispielsweise an der Osttiroler Gemeinde Sillian. 2017 erhielt sie aus diesem Topf noch 66.500 Euro, weil sie im bisher angewandten Berechnungszeitraum (definierte Stichtagsregelungen) Abwanderung aus dem Ort zu verzeichnen hatte. 2017 schlug zu Buche, dass die Gemeinde erfreulicherweise wieder angewachsen war. Jedoch mit dem finanziell schmerzvollen Resultat, dass die Fördersumme des Landes auf null reduziert wurde.
„Die Erfahrung der letzten Jahre hat uns gezeigt, dass Adaptierungen in der Richtlinie notwendig sind, um die Fördermittel auch in Zukunft verantwortungsvoll und fair zu verteilen“, kündigt Tratter jetzt Änderungen an, die bereits morgen von der Landesregierung beschlossen werden sollen.
Ab 2020 soll demzufolge bei der Berechnung der Förderhöhe die Veränderung nach Zuzug nur noch mit fünf Prozent, jene der Abwanderung mit 20 Prozent gewichtet werden. Anstatt wie bisher soll bei der Abwanderungsstatistik künftig ein sechsjähriger Durchrechnungszeitraum herangezogen werden. Weist eine Gemeinde zumindest in einem dieser Jahre einen Bevölkerungsrückgang auf, so soll sie eine Förderung aus diesem Topf erhalten. Damit soll erreicht werden, dass eine positive Bevölkerungsentwicklung im Folgejahr nicht automatisch zu einem sofortigen Wegfall der Förderung führt, sondern erst dann wirksam wird, wenn dies über sechs Jahre anhält. Damit soll die Planbarkeit für die Gemeinden erhöht werden, wie Tratter hofft. Die Siedlungsdichte wird mit 35 Prozent, die Wirtschaftskraft mit 40 Prozent neu gewichtet.
Seit Bestehen dieser Förderung zahlte das Land pro Jahr unter diesem Titel in Summe sechs Millionen Euro aus. In den Genuss kamen zuletzt 121 Gemeinden. Durch die geänderte Richtlinie könnten den Berechnungen des Landes zufolge nun sogar 175 Gemeinden davon profitieren. Die Gesamtsumme der ausgeschütteten Mittel für strukturschwache Gemeinden soll indes nicht erhöht werden.
Unabhängig davon schüttet das Land an die Gemeinden ab 2020, wie berichtet, 20 zusätzliche Födermillionen aus. Diese sollen in erster Linie die ständig steigenden Kosten im Sozialbereich abfedern.