SPÖ: Betriebsrat wendet sich nun an Parteivorstand

Der SPÖ-Betriebsrat wendet sich anlässlich der bevorstehenden Kündigungswelle in der Löwelstraße an den Parteivorstand und hinterfragt, inwieweit dieser in das geplante Sparpaket eingebunden war. Ferner wird in dem Brief die Vorgangsweise der Parteiführung offen kritisiert. Zudem bringen die schlechte finanzielle Lage und die angekündigten Kündigungen Spekulationen über den Schuldenstand mit sich.

Betriebsrat-Chef Siegfried Sailer machte nach der heutigen Belegschaftssitzung klar, dass sich auch die Belegschaft der prekären finanziellen Situation durchaus bewusst sei. Doch sei man besonders enttäuscht, dass im Laufe des Jahres keinerlei Bemühungen der Parteispitze verzeichnet worden seien, eine Kündigungswelle abzuwenden. Dabei seien ökonomischer Engpass und schlechtes Wahlergebnis bereits im Mai absehbar gewesen: „Nun vor Weihnachten Maßnahmen in diesem Ausmaß zu ergreifen ist bitterlich.“

Dazu kommt, dass laut Betriebsrat diesem bisher keine Gelegenheit gegeben wurde, sich über Auswahl und Anzahl der Betroffenen mit der Geschäftsführung auszutauschen. Die mangelhafte Kommunikation widerspreche dem sozialpartnerschaftlichen Gedanken sowie den gesetzlichen Erfordernissen. Damit habe man sich auch in eine soziale Abfederung bisher nicht einbringen können. Es sei nicht einmal bekannt, nach welchen Kriterien die Mitarbeiter, die zur Kündigung vorgesehen sind, ausgesucht worden seien.

So sei bisher auch kein Gesamtpaket hinsichtlich der künftigen Aufgaben der Bundesgeschäftsstelle kommuniziert worden. Nicht einmal mit allen Leitenden Sekretären sei das Gespräch gesucht worden.

Die schlechte finanzielle Lage der SPÖ und die Bekanntgabe von Kündigungen bringen auch Spekulationen um den Schuldenstand mit sich. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hatte am Dienstag gesagt, sie habe die Partei mit einem Schuldenberg von 14 Millionen Euro übernommen. Der „Standard“ berichtet jedoch von einem SPÖ-Dokument, in dem von weniger die Rede ist. Diesem Dokument zufolge hätte die Partei bei der Übernahme Rendi-Wagners einen Schuldenstand von genau 10,578 Millionen Euro gehabt, schreibt der „Standard“.

Im Verwirrspiel um die Frage des Schuldenstandes der SPÖ bei der Übergabe an Rendi-Wagner 2018 leistet nun auch ihr Vorgänger Christian Kern einen Beitrag. Es seien 10,87 Millionen Euro gewesen, sagte er am Mittwoch laut der Tageszeitung „Österreich“. „Ich habe die Partei bei meinem Rücktritt nachweislich mit einem Schuldenstand von 10,87 Millionen Euro, und nicht 15 Millionen Euro übergeben. Ich habe den weit höheren Schuldenstand, den ich übernommen hatte, stark reduziert“, wurde Kern in einer Vorab-Aussendung zitiert. Allerdings hatte Rendi-Wagner von 14, nicht von 15 Millionen gesprochen. In einem vom „Standard“ zitierten Dokument war im Gegensatz dazu von 10,578 Millionen Euro die Rede.

Kritisch hinterfragt werden einmal mehr die Beraterverträge der Partei. Diese würden weiterlaufen, während langjährige Mitarbeiter und Kollegen in sensiblen sozialen Lagen von Kündigung betroffen seien. Das sorge für Frustration: „Möglicherweise hätten manche Kündigungen durch umsichtige Beraterverträge sogar verhindert werden können.“ Der Ende September als Bundesgeschäftsführer zurückgetretene Thomas Drozda verteidigte hingegen die umstrittenen Beraterverträge bei der SPÖ. Solche Verträge gebe es auch in anderen Parteien, sagte er im Ö1-“Morgenjournal“. Zur Höhe der Honorare meinte Drozda, dass man sich auch die Leistung dafür ansehen müsse.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch will am 9. Dezember auch den Bundesparteivorstand informieren. Dabei soll ein „neues Finanzregulativ“ zur Beschlussfassung vorgelegt werden, heißt es im Einladungsmail, das der APA vorliegt. Ziel sei es laut Deutsch, ein ausgeglichenes Budget für das Jahr 2020 und einen Sanierungsplan für die Bundespartei zu erstellen.