Wien

8,72 Mio. Euro erschlichen: Wiener Kindergarten-Betreiber vor Gericht

(Symbolfoto)
© APA

Der 60-Jährige soll sich von den Wiener Kindergärten (MA 10) Subventionen von mehr als 8,72 Millionen Euro erschlichen haben.

Wien – Am kommenden Montag startet am Wiener Landesgericht der Prozess gegen einen ehemaligen Kindergartenbetreiber, dem die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Förderungsmissbrauch, schweren gewerbsmäßigen Betrug, Untreue und betrügerische Krida vorwirft. Der 60-Jährige soll sich von den Wiener Kindergärten (MA 10) Subventionen von mehr als 8,72 Millionen Euro erschlichen haben.

Der Anklage zufolge agierte der ursprünglich aus Ägypten stammende Mann – er lebt seit 1977 in Österreich, absolvierte hier erfolgreich ein Jus-Studium und arbeitete danach in mehreren Anwaltskanzleien, ehe er in das Geschäft mit der geförderten Kinderbetreuung einstieg – mit wahrheitswidrigen Angaben, unrichtigen Buchungsunterlagen und gefälschten Rechnungen. Die auf dieser Basis zwischen 2009 und 2017 kassierten Summen sollen nicht widmungskonform verwendet worden sein. Laut Anklage sollen der 60-Jährige und seine mitangeklagte Lebensgefährtin rund 2,45 Millionen Euro für private Aufwendungen veruntreut haben.

Geld für Islam-Schule zweckentfremdet

Der Jurist hatte sein in Floridsdorf gelegenes „Edu & Fun Schul-Bildungszentrum“ – ein Kindergarten samt Hortbetrieb – 2005 behördlich bewilligt bekommen. 2009 erhielt der Verein erstmals von der Stadt Wien eine Vollförderung – schon im ersten Jahr soll der Betreiber einen beträchtlichen Teil davon zweckentfremdet und in eine umstrittene private Islam-Schule gesteckt haben. Die Förderungen wurden aber erst im Mai 2016 von der MA 10 gestoppt und der Fördervertrag gekündigt, nachdem eine auf die Jahre 2013 und 2014 bezogene Prüfung des Vereins grobe Unregelmäßigkeiten zutage gefördert hatte. Nur einen Monat später wurde über den Verein mangels Vermögens der Konkurs eröffnet.

Das hinderte den 60-Jährigen allerdings nicht daran, am Standort in der Weisselgasse mit dem neu gegründeten Verein „Oase des Kindes“ nahtlos und als wäre nichts geschehen weiterzumachen, wobei er offiziell nicht mehr in Erscheinung trat, da der Verein in diesem Fall nicht mehr subventionswürdig gewesen wäre. Der 94 Seiten umfassenden Anklageschrift der WKStA zufolge war der Ägypter jedoch „Finanzier und faktischer Machthaber“ und übte „wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung des Vereins aus“. Zum Schein gab es allerdings einen neuen Präsidenten und eine neue Geschäftsführerin – insgesamt vier mutmaßliche Strohmänner bzw. -frauen müssen sich nun als mutmaßliche Mittäter ebenfalls vor einem Schöffensenat verantworten, weil sie nach Auffassung der WKStA auf Anweisung des Hauptangeklagten den Schwindel aufrechterhalten und neue Förderansuchen gestellt hatten.

Weitere Subventionen der Stadt Wien

Erstaunlicherweise übernahm die „Oase des Kindes“ im November 2016 ohne Bankkredite sogar zehn Standorte des insolventen Kindergartenbetreibers „Alt-Wien“. Die Stadt Wien subventionierte die „Oase des Kindes“ bis Ende Februar 2017 mit rund 382.000 Euro. Die Ausschüttung von weiteren 1,6 Millionen konnte noch rechtzeitig gestoppt werden.

Der Rechtsvertreter des Hauptangeklagten weist die Vorwürfe der WKStA in Bausch und Bogen zurück. Für Verteidiger Michael Dohr ist der 60-Jährige vielmehr „ein Held“, wie er gegenüber der APA betonte: „Er hat die Integration mit seinen Kindergärten nicht nur gefördert und gelebt. Er hat auch dafür gesorgt, dass es ein friedliches Miteinander unter verschiedenen Nationen gegeben hat.“ Statt ihm den Goldenen Rathausmann zu verleihen, habe man den Mann angeklagt. „Diese verfehlte Anklage wird aber keine Bestätigung durch das Gericht finden“, zeigte sich Dohr vor der Hauptverhandlung zuversichtlich, die sich über mehrere Wochen, möglicherweise Monate erstrecken wird.

Der Verteidiger verweist vor allem auf die Stellungnahme einer Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatungskanzlei, die die Finanzgebarung des Bildungszentrums in Augenschein genommen hatte. In dem Schriftsatz heißt es, es ergebe sich „eindeutig, dass keine missbräuchliche Verwendung von Förderungsmitteln entstanden sein kann“. Für Dohr belegt das, dass dem Trägerverein keine Fördergelder entzogen wurden.

Dem Hauptangeklagten drohen im Fall eines Schuldspruchs bis zu zehn Jahre Haft. Insgesamt müssen sich sieben Personen vor Gericht verantworten. Neben der Lebensgefährtin wurde auch die Ehefrau des 60-Jährigen zur Anklage gebracht. Sie soll um Wissen um die Herkunft der Gelder mehr als 32.000 Euro vom Vereinsvermögen zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts kassiert haben. (APA)

Verwandte Themen