Ferrari

GTC4 Lusso: Schöner Reisen mit dem Pferd

Reise-Riese: Der GTC4 Lusso trägt das Gran-Turismo-Kürzel zu Recht im Namen.
© Pabeschitz

Ein Hengst will Weihnachten daheim verbringen: perfekter Anlass für eine Winterreise mit 690 PS und zwölf Zylindern.

Von Stefan Pabeschitz

Frankfurt, Maranello –Anrufe ohne Nummernkennung sind selten angenehm. Dieser war die Ausnahme: Ein einsamer Ferrari steht in Frankfurt, muss Weihnachten daheim sein und sucht einen Kutscher. Dem Hengst kann geholfen werden.

Er wartet in dezentem Dunkelblau, zum Glück nicht Rot. Drinnen braunes Leder samt seinem feinen Geruch – Eintauchen in eine Welt aus Überfluss, aber eben auch höchste Handwerkskunst, die das Hightech-Ding erst vollendet. Fürs Protokoll: Mit vollem Namen heißt der Vollblüter GTC4 Lusso, betrieben von einem V12 zu 6,3 Litern Hubraum mit 690 PS und 700 Newtonmetern Drehmoment auf alle viere verteilt.

Im Alltagsgebrauch ist Demut angesagt. Der österreichische Listenpreis beträgt 340.030 Euro, mit dem Betrag ließen sich eine Menge Gabentische füllen. Vor allem der des Finanzamts: Mehr als 125.000 Euro machen die Steuern aus. Kavalierstarts oder Drängeln sind immer ungehörig, erst recht am Volant so einer Übermacht. Nicht einmal Lichthupe für den Elektro-Up, der tapfer die Autobahn in der Frankfurter Peripherie unter die Räder nimmt, ist angebracht.

Weiter draußen sind die Bahn und das Tempolimit frei, der Hengst trabt an und schnaubt dabei wohlig, setzt seine Kraft ganz selbstverständlich in Tempo um. Die Zahlen auf dem Tacho klettern schneller nach oben als anderswo der Drehzahlmesser – aber keine davon fühlt sich jemals bedrohlich an. Der Spaß macht durstig: Nach 300 Kilometern sind drei Viertel des Tankinhalts futsch, in Deutschland zu schlanken 1,68 Euro je Liter wiederzubefüllen.

Zwanzig Kilometer danach beginnt die Schweiz, Ende der guten Fahrlaune. Die Toleranzschwelle der eidgenössischen StVO-Scharia ist bekannterweise eher eine Grube. Aber der Hengst kann auch schnurren: Auf 2000 Touren zieht er lässig seine Bahn mit Tempo 120, reicht seine Entspanntheit zugleich an den Fahrer weiter. Des heißen Renners zweite Seele ist die eines souveränen Langstrecken-Cruisers. Bezahlt macht sie sich ebenfalls: Am St.-Gotthard-Portal fehlt auf der Tankanzeige nur ein Strich. Dass der zwölfkehlige Chor es so trocken gibt, verwundert.

Eine Stunde später nahen Italien, die Sonne und der 24-Stunden-Stau auf der Mailänder Tangenziale. Also ab ins Gebüsch und über die schönen Landstraßen der Lombardei weiter Richtung Süden. Für die letzten Kilometer wird noch einmal die Autostrada bemüht. Maranello ist erreicht. Nach dem Schranken des Haupteingangs das Unvermeidliche – hier trennen sich unsere Wege.