Einsamer Kampf gegen das Elend der Kinder in Syrien
Der Zillertaler Joe Höllwarth reist im Jänner in syrische und irakische Krisengebiete, um traumatisierten und kranken Kindern zu helfen.
Von Angela Dähling
Münster –Schahat war erst 13 Jahre alt, als der IS sie, ihren Vater und ihre sieben jüngeren Geschwister aus Sinjar (Irak) entführte. Just als ihre hochschwangere Mutter im Nachbarort auf einer Hochzeit war. Als sie vier Jahre später nach täglichen Vergewaltigungen befreit wurde und nach Hause zurückkehrte, war sie seelisch und körperlich gebrochen. „Am Tag nach ihrer Rückkehr starb Schahat mit nur 17 Jahren an Herzversagen“, schildert Franz Josef (Joe) Höllwarth aus Münster. Der gebürtige Zillertaler weiß von Dutzenden ähnlich tragischen Schicksalen.
Er ist als Flüchtlingshelfer in den Kriegsgebieten des Iraks und in Syrien im Einsatz. Mehrfach hat die TT bereits über seinen unermüdlichen Hilfseinsatz als Privatperson berichtet und damit auf die dramatischen Lebensbedingungen in diesen Regionen aufmerksam gemacht. Und es gibt immer noch genug zu tun für Höllwarth. Leider. Da wäre der kleine Ali, der durch eine Mörsergranate so schwer verletzt wurde, dass ihm ein Bein amputiert werden musste. Höllwarth hat über seine Netzwerke vor Ort, zu denen auch der Gesundheitsminister von Rojava zählt, Listen von verletzten Kindern bekommen. Im Jänner will er einige von ihnen – darunter Ali – aufsuchen. Aber auch die Mutter und Geschwister von Schahat. Drei von ihnen und der Vater sind immer noch verschollen. „Am dringendsten werden Ausrüstungen für OP-Säle gebraucht, weil Krankenhäuser zerstört wurden und 300.000 Flüchtlinge in den letzten Monaten hinzukamen“, sagt Höllwarth, der einige medizinische Hilfsgüter mit im Gepäck haben wird.
Es fehle an allem. An Kleidung, Decken, Medizin, Strom. Die Menschen würden erfrieren oder an einfachen Infektionen sterben. Und ein Großteil der Welt schaut weg. Ein anderer Teil liefert Waffen an die Türkei statt Hilfsgüter in die Region. Das zermürbt und verbittert Menschen, die wie Höllwarth fassungslos diesem von Menschen gemachten Elend gegenüberstehen.
Doch die große Dankbarkeit jener, denen er helfen kann, lässt ihn weitermachen. Vor allem das Leid der Kinder lässt den starken Mann mit dem weichen Herz nicht zur Ruhe kommen. „Zuerst fliege ich im Jänner auf die irakische Seite Syriens, wo ich mich um Schmetterlingskinder kümmere“, erzählt er. Die unhygienischen Bedingungen machen den kranken Kindern sehr zu schaffen. „Deshalb wollte ich drei nach Österreich bringen, aber das wurde mir verwehrt. Eines konnte ich aber in der Schweiz unterbringen“, berichtet Höllwarth. Dann will er IS-Opfer besuchen. Kinder, die teilweise erst fünf Jahre alt waren, als der IS sie entführte, zu Kämpfern ausbildete und verbot, die Muttersprache weiter zu sprechen. Nach Jahren befreit, sind sie nun traumatisiert, indoktriniert, sehen selbst in ihren Geschwistern Feindbilder und sprechen ihre Heimatsprache nicht mehr. Viele hausen auf sich gestellt mitunter auf Matratzen in kargen Kellerräumen. Höllwarth versorgt sie mit dem Nötigsten. Kleidung, Nahrung, Kochgeschirr. Und er hilft, sie zu resozialisieren. Der Zillertaler hat es aufgrund seines hervorragenden Netzwerkes auch geschafft, dass im vergessenen Kurdengebiet in der Grenzregion Irak/Syrien drei der viel diskutierten Traglufthallen des Landes Tirols aufgestellt wurden.
Wer ihn und seine Hilfsaktionen unterstützen will, kann das mit einer Spende: Verein Freundeskreis FH St. Gertraudi, IBAN: AT231400066810125889. Kennwort Rojava.