Das war 2019

Von Kogler bis Salvini: Die größten Gewinner und Verlierer des Jahres

Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern trug im März als Zeichen der Solidarität mit den beim Terroranschlag von Christchurch getöteten Muslimen ein Kopftuch. Viele andere Frauen taten es ihr gleich.
© AFP

Zahlreiche politischen Umwälzungen haben im ablaufenden Jahr wichtige Politiker das Amt gekostet und andere zurück an die Sonne gebracht. Fünf Gewinner und fünf Verlierer des Polit-Jahres 2019.

Gewinner des Jahres

BORIS JOHNSON: Der ewige Populist Boris Johnson hat sich während der Brexit-Wirren nicht nur zum Premierminister aufgeschwungen, sondern steht nun sogar kurz davor den Eiertanz um den EU-Austritt Großbritanniens zu beenden. Gelingt ihm der anvisierte Brexit 2020, würde er als jener Regierungschef in die Geschichte eingehen, der erstmals ein Land aus der EU geführt hat. Basis für sein Handeln ist sein fulminanter Wahlerfolg Anfang Dezember, bei dem er die absolute Mehrheit für die Tories erzielte.

URSULA VON DER LEYEN: In Deutschland hatte die ehemalige Familien- und Verteidigungsministerin in der Vergangenheit nicht immer für positive Schlagzeilen gesorgt. Doch das dürfte Ursula von der Leyen spätestens seit ihrer Wahl zur EU-Kommissionspräsidentin im Juli egal sein. Ende November trat die siebenfache Mutter als erste Frau das höchste EU-Amt an – jedoch erst nach wochenlangen Verzögerungen. Aufgrund der Ablehnung dreier Kommissarsanwärter durch das Europaparlament musste der 1. November als eigentlicher Antrittstermin verschoben werden. Von der Leyens Prestigeprojekt ist der „Green Deal“, sie will die EU Richtung Klimaneutralität führen.

BASCHAR AL-ASSAD: Für den im Westen geächteten syrischen Präsidenten Baschar al-Assad ist das Jahr 2019 militärisch erfolgreich verlaufen. Erst konnten seinen Truppen wichtige Teile des letzten großen Rebellengebiets Idlib im Nordwesten einnehmen; dann rückten seine Anhänger kampflos in Gebiete nahe der Grenze zur Türkei ein, die bislang von Kurden gehalten worden. Möglich machte das ein Abkommen seines Verbündeten Russland mit der Türkei, die Assad einst stürzen wollte. Nun sitzt der schon politisch Totgesagte wieder fest im Sattel. Mehr als zwei Drittel des Landes beherrschen seine Truppen wieder. Und Assad will mehr: Bei jeder Gelegenheit betont er, dass er Syrien bis zum letzten Quadratmeter unter Kontrolle bringen will. Einziges Manko: Für den Wiederaufbau fehlt ihm noch das Geld.

JACINDA ARDERN: Den 15. März dieses Jahres wird Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern nie wieder vergessen. An jenem Freitag stürmte ein australischer Rechtsextremist zwei Moscheen in Christchurch und erschoss 51 Menschen. Der Anschlag auf der Südinsel traf den friedlichen Pazifikstaat ins Mark. Ardern – damals gerade 38 und Mutter einer neun Monate alten Tochter – sorgte dafür, dass das Land zusammenhielt. Als Zeichen der Solidarität mit den Muslimen trug sie Kopftuch. Sie fand die richtigen Worte, weinte mit – und verbot halbautomatische Waffen. Aus aller Welt kam Lob. Zuhause sind sie stolz auf ihre Premierministerin. 2020 wird in Neuseeland gewählt.

WERNER KOGLER: Das Grüne Urgestein führte die Öko-Partei bei der Neuwahl Ende September mit beachtlichen 13,9 Prozent der Stimmen zurück ins Parlament – und in Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP. Werden diese wie erwartet Anfang 2020 erfolgreich abgeschlossen, wird Kogler wohl zum Vizekanzler aufsteigen.

Verlierer des Jahres

THERESA MAY: Glückloser als die ehemalige britische Premierministerin Theresa May geht es kaum: Drei Mal fiel ihr Abkommen über den EU-Austritt Großbritanniens in diesem Jahr durchs Parlament. Sie fuhr damit unter anderem die größte Niederlage einer Regierung in der Geschichte ihres Landes ein. Den Weg zu ihrem politischen Elend hatte sie früh selbst geebnet: Bei einer Neuwahl vor zwei Jahren, die sie ohne Not ausgerufen hatte, kam ihr die Mehrheit abhanden. Dann folgte eine Parteitagsrede, bei der sie vor Husten kaum sprechen konnte und hinter ihr die Buchstaben des Parteitagsmottos von der Wand fielen. Sie machte zäh weiter, kämpfte um ihr politisches Überleben. Am Ende musste May zurücktreten, ohne den Brexit erreicht zu haben.

MATTEO SALVINI: Der ehemalige italienische Verteidigungsminister genießt im rechten Lager nach wie vor große Popularität, mit seiner Neuwahl-Strategie in Italien ist er aber glorreich gescheitert. Seit September führt sein ehemaliger Koalitionspartner Fünf Sterne eine Koalition mit der Partido Democratico (PD), Premierminister ist wie bereits vor der Wahl Giuseppe Conte. Salvini, der in den letzten Jahren mit seinem rigorosen Vorgehen gegen die Migration über die Mittelmeerroute für Aufregung gesorgt hatte, verlor hingegen sein Amt. Seine Lega konnte sich nicht mehr mit den Fünf Sternen auf eine Zusammenarbeit einigen. Zudem droht Salvini nun ein Prozess wegen Freiheitsberaubung,

ALEXIS TSIPRAS: Er gilt als derjenige, der Griechenland aus der Krise geführt hat, doch gedankt haben es ihm die Griechen nicht: Bei der Parlamentswahl im Juli wurde Ministerpräsident Alexis Tsipras samt seiner linken Regierungspartei Syriza abgewählt, nun sind die Konservativen an der Macht. Die Bürger nehmen dem einstigen linksradikalen Revoluzzer vieles übel: den Kompromiss im Namensstreit mit Nordmazedonien, aber auch seine 180-Grad-Wende zum Staatsmann, der harte Sparprogramme und Steuererhöhungen durchsetzte, um die internationalen Gläubiger bei der Stange zu halten. Aufgeben dürfte Tsipras aber nicht - er ist erst 45 Jahre alt und will als Oppositionschef weiter um seine politische Zukunft kämpfen.

HEINZ-CHRISTIAN STRACHE: Zack, zack ging es bergab für den einstigen Star der Rechtspopulisten Europas. Der 50 Jahre alte Ex-FPÖ-Chef stürzte ausgerechnet über sein Lieblingsthema Korruption. Sein verdeckt gefilmtes Plaudern 2017 über politische Einflussnahme mit einer vermeintlichen russischen Oligarchen-Nichte kostete ihn sein Regierungsamt. Danach zerstörte ein Skandal um ein Luxusleben auf Parteikosten seinen Plan für ein Comeback bei der Neuwahl im September. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, die FPÖ stürzte auf 16,2 Prozent. Strache verzichtete auf alle politischen Ämter und ließ seine Parteimitgliedschaft ruhen. Seine Frau Philippa, die knapp mit FPÖ-Mandat ins Parlament rutschte, wurde gar aus der Partei geworfen.

EVO MORALES: Er wurde 2006 zum ersten indigenen Präsident Boliviens, mittlerweile lebt Evo Morales im mexikanischen Exil. Dabei hatte er Ende Oktober noch seinen Wahlsieg verkündet, bald wurden jedoch Manipulationsvorwürfe laut. Der Widerstand wurde immer größer, die Proteste wurden von heftiger Gewalt begleitet. Am 10. November kündigte Morales die Einberufung von Neuwahlen an, nur Stunden später folgte der Rücktritt. Die oppositionelle Senatorin Jeanine Anez erklärte sich schließlich zur Interimspräsidentin des Landes. Morales sieht darin eine Staatsstreich. (siha, TT.com / dpa)