Mieminger Gastwirt erinnert sich: Als es vom Christkind eine Niere gab
Michael Gäns hat vor einem Jahr ein ganz besonderes Geschenk bekommen. Völlig überraschend erhielt er ein Spenderorgan.
Von Martina Schratzberger
Innsbruck, Mieming –Die Frau war mit den Kindern bei der Schwiegermutter zu Besuch in Finnland. Michael Gäns, Gastwirt der Moosalm in Mieming, hatte die letzten Gäste einer Weihnachtsfeier verabschiedet und sich ins Bett gelegt. Aufgerüttelt wurde er um zwei Uhr Früh per Telefon – vom Christkind. Das war heute vor einem Jahr.
„Erst kannte ich mich gar nicht aus. Ich dachte mir noch, die hat aber einen Humor, und das mitten in der Nacht“, erzählt der Gastwirt. Die Dame am anderen Ende der Leitung wechselte schnell zum Wesentlichen. Das lang ersehnte Transplantorgan war unterwegs nach Innsbruck, wenige Minuten später stand auch schon die Rettung vor der Tür. Den 24. Dezember des Vorjahres wird Michael Gäns wohl nie vergessen. „Am Anfang war mir nicht bewusst, was sich da abspielte. Ich dachte nur, wenn das hinhaut ...“
Die Operation verlief gut. Der Mieminger schlief zwei Tage und Nächte tief und fest. Mutter, Schwester und Nichte schupften das Gasthaus. Frau und Kinder versuchten, einen Rückflug zu ergattern. Am Stefanitag erwachte ein etwas benebelter Michael Gäns aus dem Tiefschlaf. Nach und nach begann er zu begreifen, was da passiert war. Etwas, worauf Gäns schon sehr lange gewartet hatte. Oft mit dem Handy am Nachtkästchen. Drei Jahre Dialyse hatte er da schon hinter sich. Drei Jahre mit Hochs und Tiefs.
Gäns’ Nierenfunktion ist seit Kindheit wegen einer Genkrankheit beeinträchtigt. Vor fünf Jahren – ebenfalls zu Weihnachten – nahm ihn eine Grippe körperlich ziemlich mit. „Ich schluckte viele Medikamente, die ich wohl nicht vertrug.“ Mit der Niere ging es bergab, ein Jahr später wurde er erstmalig dialysiert.
Das Szenario kannte er nur zu gut. Sein Onkel aus Kärnten hatte die gleiche Krankheit. „Nur dialysierte der in den frühen 80er-Jahren. Zwölf Jahre lang. Zehn Stunden, drei Tage die Woche. Fünf von sieben Tagen war er nicht ansprechbar. In der Zwischenzeit hat sich da ja einiges geändert.“ Auch der Onkel hatte eine neue Niere bekommen. „Dann haben wir alles nachgeholt, was vorher nicht möglich war. Wir haben fast die ganze Nordhalbkugel bereist“, so Gäns, der nicht nur die Genkrankheit von seinem Onkel, sondern auch dessen Jägerblut geerbt hat. Auf einer Englandreise lernte er auch seine Frau Marjo – eine Finnin – kennen und lieben. Sie und die Kinder Melina und Max stehen wie ein Fels in der Brandung hinter ihrem Mann bzw. Vater.
Neuen Schwung und viel mehr Kraft hat auch Gäns seit seiner OP. „Ich kann in die Berge rauf wie seit 15 Jahren nicht mehr.“ Psychisch war die Situation natürlich oft nicht die einfachste. Das Gasthaus mit immerhin funktionierender Stammtischkultur sollte geführt, die Pferde im Stall versorgt werden. Immer wieder so schnell an seine Grenzen zu stoßen, drückte freilich aufs Gemüt, vor allem, wenn die Jagdkollegen ausrückten. „Man muss viel mit sich selbst ausmachen und hat oft andere Dinge im Kopf als die, die gerade gefragt wären.“
Das heurige Weihnachten soll planmäßig ruhiger verlaufen als im Vorjahr, wenngleich derzeit die Nierenwerte etwas zu schaffen machen. Ich bin aber positiv eingestellt. Am Heiligen Abend haben wir das Gasthaus bis zum Nachmittag offen, dann darf es ruhig werden. Bei uns gibt es zur Bescherung Nudelsuppe mit Würstln. Wir tendieren zum Einfachen. Wir haben alles, was wir brauchen, manchmal kann weniger auch mehr sein.“