FPÖ legte Historikerbericht vor

Der nach mehrmaliger Verschiebung am 23. Dezember vorgelegte Historikerbericht will die „dunklen Flecken“ der FPÖ beleuchten. Dazu angetreten war eine Reihe von FPÖ-nahen Wissenschaftern, aber auch einige parteiferne. Sie spannten einen Bogen vom FPÖ-Vorgänger VdU über das „Liedgut des Farbstudententums“ bis hin zu den sogenannten „Einzelfällen“ in der FPÖ.

FPÖ-Chef Norbert Hofer räumt in seinem Vorwort ein, die Partei habe sich mit ihrer Geschichte - „und zwar mit jenen Aspekten, die auch Belastung für uns sind“ - zu lange „nicht auseinandergesetzt“. Mit dem Historiker-Bericht „stellen wir uns unserer historischen Verantwortung“. Die FPÖ sei „gewillt, das Positive fortzuführen, uns weiter zu entwickeln, Fehler zu korrigieren und uns für das zu entschuldigen, was unentschuldbar erscheint“.

Klubchef Herbert Kickl betont in seinen einleitenden Worten, der Bericht, „der sich mit der Geschichte der FPÖ und ihren ‚dunklen Flecken‘ befasst“, stelle jedenfalls keine „Selbstgeißelung“ dar. Dass die FPÖ extremistische Tendenzen, „egal in welche Richtung, ablehnt, ist völlig klar und seit langer Zeit geübte Praxis“. Gleichzeitig regt er an, SPÖ und die Grünen sollten sich „endlich einmal ebenso akribisch der Aufarbeitung ihrer linksextremen Verbindungen in Vergangenheit und Gegenwart widmen“.

Die Wahl des Termins für die Präsentation stößt jedoch auf Kritik. SPÖ-Abgeordnete Sabine Schatz bezeichnete die Veröffentlichung am Tag vor Weihnachten als „durchschaubares Manöver“. Offenbar wolle die FPÖ eine öffentliche Debatte und Kritik verhindern. Beinahe gleichlautend äußerte sich SOS-Mitmensch. Und Polit-Berater Thomas Hofer ortete einen „PR-Trick“.

Eine Präsentation an einem 23. Dezember sei so wie keine Präsentation, meinte SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak: „Der Bericht soll offenbar über Weihnachten in der Versenkung verschwinden.“ Zudem bemängelte Pollak, dass die Parteiführung der Freiheitlichen, namentlich FPÖ-Chef Norbert Hofer und Klubobmann Herbert Kickl, der Präsentation nicht beiwohnten.

Unter dem Kapitel „Zur Einbegleitung“ findet sich dann ein Abdruck der schon bekannten „Rot-Weiß-Rot“-Erklärung der FPÖ: In dieser bekennt sich die Partei „vorbehaltlos zur Republik Österreich“. „Zu unserer Heimat gehört unsere deutsche Sprach- und Kulturgemeinschaft genauso wie alle autochthonen Minderheiten“, heißt es dort. Auch findet sich eine dezidierte Ablehnung des Antisemitismus: dieser habe „in unserer Gemeinschaft keinen Platz“.

Als Autoren fungierten etwa der bekannte FPÖ-nahe Historiker Lothar Höbelt, der u.a. einen Oberösterreich-Schwerpunkt beisteuerte. Auch der Vorsitzende der FPÖ-Historikerkommission, der ehemalige FPÖ-Spitzenpolitiker Wilhelm Brauneder verfasste ein Kapitel: „Die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in Österreich“. Unter den FPÖ-fernen Autoren findet sich u.a. der frühere SPÖ-Politiker Kurt Scholz, der sich mit der Aufarbeitung der parteieigenen Geschichte der FPÖ befasste. In der Gegenwart ergebe sich laut Scholz „ein klarer Kontrast zwischen Aussagen von FPÖ-Regierungsmitgliedern, die sich um größtmögliche politische Korrektheit und demonstrative Israelfreundschaft bemühen, und gleichzeitigen Internet-Likes und Liederbuch-Vorfällen, welche die Glaubwürdigkeit der Aussagen der FPÖ-Spitzenpolitiker mindern oder zumindest eine mangelnde Durchsetzungskraft der Parteispitze gegenüber Teilen der eigenen Partei und deren Sympathisanten vermuten lassen“.

Auch aktive FPÖ-Spitzenfunktionären (u.a. FPÖ-Klubdirektor Norbert Nemeth und FPÖ-Generalsekretär Hafenecker) arbeiteten am Bericht mit. Hafenecker steuerte „Materialien“ zu den sogenannten „Einzelfällen“ in der FPÖ bei: Er zitierte 33 Fälle, wovon zwei Parteiausschlüsse nach sich trugen. Bei den übrigen Causen betonte Hafenecker, dass sie haltlos gewesen seien.

Thematisiert werden auch die Studentenverbindungen. Die NS-Liederbuchaffäre rund um die Burschenschaft des niederösterreichischen FPÖ-Politikers Udo Landbauer hatte ja den Anstoß zum Bericht gegeben. Im Kapitel „Das Liedgut des Farbstudententums“ widmet sich der Historiker Mario Strigl diesem Thema. Wohl mit Blick auf in jüngerer Vergangenheit aufgetauchte und als abstoßend empfundene Liedtexte schrieb der Historiker, die Erfahrungen vergangener Jahre hätten gezeigt, dass die „Freiheit“ der Korporation, sich ihre Liederbücher selbst zusammenzustellen, „nicht immer der beste Weg ist, da mitunter moralisch und ideologisch verwirrte Personen Zusatzstrophen zu Liedern ‚dichten‘ und in ihren Verbindungsliederbüchern publizieren, die bestenfalls als abstoßend zu qualifizieren sind“.

Die Schlussbemerkungen des Berichtes stammen vom Leiter der sogenannten FPÖ-“Referenzgruppe“, Ex-EU-Mandatar Andreas Mölzer. Dieser hat auch „Materialien“ zur Haltung von EX-FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache zu Israel zusammengetragen: „Seit der Übernahme der Führung der FPÖ hat Heinz-Christian Strache keine Gelegenheit ausgelassen, sich von der nationalsozialistischen Ideologie und jeglichem Antisemitismus zu distanzieren“, schrieb Mölzer. Eine Reihe von Aussendungen und O-Tönen des an seinem Ibiza-Video gescheiterten Ex-FPÖ-Chef soll das untermauern.