„Das Beste aus beiden Welten“: ÖVP und Grüne fixieren Regierung
Kurz und Kogler verkündeten zu Neujahr die Einigung. Am Donnerstag wollen sie dann ihre Pläne für die kommenden fünf Jahre präsentieren.
Wien – Am Neujahrstag, knapp vor 22 Uhr, war es so weit: ÖVP-Chef Sebastian Kurz und der grüne Bundessprecher Werner Kogler verkündeten die Einigung auf die erste türkis-grüne Bundesregierung. Das Programm ihrer Koalition wollen sie am Donnerstag präsentieren. Kurz warb aber schon am Abend damit, dass dieses Programm nicht nur Minimalkompromisse der beiden so unterschiedlichen Parteien bieten werde: „Es ist uns gelungen, das Beste aus beiden Welten zu vereinen.“ Es sei möglich, die Steuerlast zu senken und gleichzeitig das Steuersystem zu ökologisieren. Und es sei möglich, das Klima zu schützen und gleichzeitig die Grenzen zu schützen.
Der künftige Kanzler Kurz nannte als Schwerpunkte eine Senkung der Steuern und den Kampf gegen den politischen Islam. Sein voraussichtlicher Vize Kogler kündigte an, dass Österreich „Vorreiter in Sachen Klimaschutz“ werden solle. Österreich werde zudem das größte Transparenzpaket der letzten Jahre bekommen. Ziel sei ein „gläserner Staat“. Ein weiterer Schwerpunkt des Regierungsprogramms sei der Kampf gegen Kinderarmut.
Am Donnerstag und am Freitag sind Sitzungen mit den Parteivorständen und den Parlamentsklubs angesetzt, um dort die Details der künftigen Koalition zu besprechen. Was bei der ÖVP Formsache ist, könnte bei den Grünen noch zu Debatten führen. Denn bei der Öko-Partei hat der Bundeskongress mit seinen mehr als 270 Delegierten das letzte Wort. Dieser tagt am Samstag in Salzburg.
Letzter Feinschliff für Türkis-Grün
Ein Name nach dem anderen wurde in den vergangenen Tagen bekannt. Nun ist die neue Bundesregierung praktisch komplett. Neben Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vize Werner Kogler gibt es zehn türkise sowie drei grüne Ministerinnen bzw. Minister. Dazu kommt auf beiden Seiten je ein Staatssekretär. Mit Stand Neujahr fehlte auf der Liste nur der Name des grünen Staatssekretärs bzw. der Staatssekretärin. Als mögliche Option galt die frühere EU-Abgeordnete und glücklose Nationalrats-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek. Die Entscheidung der Grünen stand aber im Zusammenhang mit einem anderen Thema, das die Verhandler gestern noch zu klären hatten: die endgültige Aufteilung aller Zuständigkeiten auf die Ministerien und damit auf die Parteien.
Die neue Regierung wird damit etwas größer als die bisherige. In der ÖVP-FPÖ-Koalition gab es neben Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache sieben türkise und fünf blaue Minister, in Summe also zwölf. Jetzt sind es 13 – zehn türkise und drei grüne. Die Zahl der Staatssekretäre bleibt gleich.
Verschoben hat sich das Kräfteverhältnis zwischen den Regierungspartnern. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass zwar sowohl ÖVP als auch Grüne als Gewinner der Nationalratswahl vom 29. September des Vorjahres gelten, der Abstand (37,5 Prozent ÖVP zu 13,9 Prozent Grüne) aber beträchtlich ist.
Größer als bisher ist der Frauenanteil. Bei den Grünen geben die Parteistatuten vor, dass die Hälfte der Regierungsmitglieder weiblich sein muss. Aber auch im Team von Kurz stehen künftig sechs Frauen an der Spitze eines Ministeriums. Den Staatssekretär eingerechnet, ergibt das einen Frauenanteil von exakt 50 Prozent.
Der weitere Fahrplan zur Regierungsbildung sieht vor, dass Kurz und Kogler heute ihr Koalitionsprogramm öffentlich präsentieren. Dann wollen die Parteichefs ihre Gremien und die Parlamentsklubs informieren.
Für die ÖVP könnte Kurz die Entscheidung zur Koalition auch im Alleingang treffen. Bei den Grünen hingegen ist die Zustimmung des „Bundeskongresses“, wie die Öko-Partei ihren Parteitag nennt, verpflichtend. Hitzige Diskussionen am Samstag in Salzburg sind dabei nicht ausgeschlossen (siehe Artikel unten).
Der letzte Akt schließlich soll am Dienstag mit der Angelobung durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen über die Bühne gehen. Die neuen Minister will Van der Bellen zuvor noch persönlich kennen lernen. (sabl)