Oper

Winterfestspiele in Erl: Erben hilft besser als Wein

Adina (Benedetta Torre) lässt ihr Herz für den feschen Belcore (Mikołaj Trabka) steigen, entscheidet sich dann aber um.
© Bender

Gaetano Donizettis die Liebe verhandelnde Oper „L’elisir d’amore“ bei den Tiroler Festspielen in Erl.

Von Ursula Strohal

Erl –Wird die Sehnsucht überlebensgroß, ruft sie nach magischer Hilfe, und den Markt dafür halten Scharlatane gut bestückt. Dulcamara zaubert Wässerchen, die ihm die Börse füllen, und für Nemorino einen Liebestrank. Der soll dem kleinen Niemand die attraktive Adina bescheren, die ihm in Liebesdingen voraus ist, aber sie lehnt Trank und Jüngling ab. Ihm schmeckt das Zeugs, von dem nur Dulcamara und das Publikum wissen, dass es nichts als Bordeaux ist. Doch der Glaube versetzt Hormone. Als das Gerücht kursiert, dass Nemorino reich geerbt hat, umschwirrt ihn die Weiblichkeit, was die emanzipierte Adina aus der Reserve lockt. Sie heiratet nicht, wie kurz angedacht, den kraftmeierischen Belcore, sondern Nemorino, aber auch in Erl bleibt der Zweifel, ob das gut geht.

Seit Donizettis „L’elisir d’amore“ 1832 auf der Bühne erschien, wird diese mit tragischen Elementen durchsetzte Commedia gespielt, die in leiser Ironie ihre Figuren liebt und aufs Feinste den Belcanto feiert. Nun wird der „Liebestrank“ in der Erler Winterspielzeit verkostet und ein junges szenisches Team nimmt weitgehend poe­siefrei die Ironie auf, will viel und übersieht dabei die Leichtigkeit und Anmut. Sesto Quatrini arbeitet gut mit den Vorzügen des Erler Festspielorchesters. Manchmal gerät ihm Lautstärke zu dick, aber ein entscheidender, prägender musikalischer Vorzug sind seine Tempi. Benedetta Torre stattet die Adina mit ihrem auf speziellem Timbre flutenden, klangsatten Sopran aus, Jonathan Abernethy hat als Nemorino den passenden jugendlich-lyrischen, ausbaufähigen Tenor. Kernig, wie er eben ist – hier ein Security-Typ –, kommt der Belcore des Mikołaj Trabka daher, Sam Handley ist mit voller Stimme ein durch die Zeiten gehender Dulcamara, Barbara Massaro eine brave Giannetta, verlässlich der Chor.

Durch die Zeiten will das szenische Leading Team mit dem ganzen Stück gehen: Regisseurin Dorothea Kirschbaum, Bühnenbildner Alexandre Corazzola und Dorothee Joisten, die für möglichst geschmacklose Kostümierung sorgte. Denn dieser „Liebestrank“ spielt in einem großen Allzweckraum, wie er in gediegener Hässlichkeit in jeder Gemeinde zu finden ist, vor den Fenstern ziehen die Jahreszeiten vorbei. Hier werden die Yogamatten ausgelegt, von Dulcamaras Spa-Girlies die Mittelchen fürs Glück vertrieben, da wird gefestet und vielleicht sogar geheiratet. Eine Rollstuhlszene driftet am guten Geschmack vorbei, die Personenregie stockt hin und wieder und nicht zuletzt geistert das gealterte Liebespaar Adina/Nemorino (es klappte also doch) durch die Szene. Donizettis leichtfüßiges Meisterstück in Erl: in der Provinz, aber doch in einem Festspielhaus.

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