Musik

Schöch und Moretti in Hall: Virtuoses Klavier und Magie der Worte

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Michael Schöch und Tobias Moretti beleuchteten E.T.A. Hoffmanns Einfluss auf das Werk von Schumann und Ravel.

Von Markus Hauser

Hall –Kunst, ob bildende, Literatur oder Musik, lässt sich oft besser aus ihrem Kontext miteinander verstehen. Da gibt es die von Musik inspirierte, bildende Kunst, die von der bildenden inspirierte Musik oder die unter dem Eindruck von Literatur entstandene Musik und umgekehrt. E.T.A. Hoffmann inspirierte viele Künstler seiner Zeit, auch Robert Schumann und Maurice Ravel. Zahlreiche Hinweise darauf sind in Schumanns Briefen und Tagebüchern zu finden. Die von E.T.A. Hoffmann geschaffene Figur des exzentrischen wie geistreichen Kapellmeisters Kreisler etwa findet in Schumanns Kreisleriana op. 16 ihre musikalische Entsprechung. Im Rahmen der Konzertreihe Musik Plus gaben Pianist Michael Schöch und Schauspieler Tobias Moretti Freitagabend im Salzlager Hall Einblick in deren Gefühlswelten.

Den Ton für verschiedene Charaktere zu treffen, ist eine Stärke Michael Schöchs. Seinen architektonischen Balance-Sinn zeigte er einmal mehr an der Kreisleriana, einem Werk, in dem so mancher Interpret bereits krankhaft-schizoide Züge Schumanns erkennen will. Selbstständig gemachte Bässe, in keinem Werk Schumanns leben sie unheimlicher abgespalten nebenher. Schöchs Verständnis von Schumann prägen ein geradezu instinktiver Formsinn und die Fähigkeit, Fantastisches zu bändigen. Doch bei allem Strahlen zelebriert Schöch seine überwältigenden Klangzaubereien aus einer idealen Kombination höchster Emotionalität und sachlicher Rationalität heraus. Nichts von den manchmal an romantischen Überschwang grenzenden Einfällen Schumanns wirkt bei Schöch ins Groteske verzerrt, und die zarten Episoden wahren vom Kitsch den sicheren Abstand. Mit denselben Mitteln gelingen Schöch auch Schumanns Nachtstücke op. 23. Auch auf Maurice Ravels Werk versteht sich Schöch auf wunderbare Art und Weise. Wie einnehmend er in Gaspard de la Nuit die geschliffenen Sätze koloriert, ohne sie zu impressionistischen Farbflächen zu weiten. Behutsam öffnet er in der präzisen, konturierten Musik abschweifende Wege ins Verschattete. Dank der Gestaltungskunst von Schöch bilden sich immer wieder subtile Berührungspunkte zwischen den scheinbar gegensätzlichen Werken eines Schumann und Ravel. Tobias Moretti besitzt die Gabe einer alles einnehmenden Stimme. Ein „Rattenfänger fürwahr“. Egal was er liest, er nimmt gefangen. Präzise gewichtet er Wort für Wort, Silbe für Silbe, versteht sich auf feinste Nuancen. Jeder Satz ist da mit einer Melodie ausgestattet, ganz auf tiefe innere Empfindungen abgestimmt. Die Texte zwischen den Sätzen waren vielleicht entbehrlich. Doch die wahren Moretti-Fans geraten auch in Verzückung, wenn ihr Meister aus dem Telefonbuch vorliest.

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