Causa Erl: Gustav Kuhn gibt den Tiroler Adler-Orden zurück
Der Dirigent und ehemalige Intendant der Festspiele Erl, Gustav Kuhn, kommt damit der Einleitung eines Aberkennungsverfahrens durch die Tiroler Landesregierung zuvor.
Von Peter Nindler
Innsbruck — Wer einen Orden oder ein Ehrenzeichen des Landes erhält, muss sich dieser Auszeichnung ein Leben lang würdig erweisen. 2012 hat der Tiroler Landtag das Landes-Auszeichnungsgesetz dahingehend geändert und die Möglichkeit der nachträglichen Aberkennung verankert. „Die Verleihung einer Auszeichnung kann mit Bescheid der Landesregierung widerrufen werden, wenn später Tatsachen bekannt werden, die einer Verleihung entgegengestanden wären, oder die ausgezeichnete Person nachträglich ein Verhalten setzt, das einer Verleihung entgegenstünde", heißt es dazu.
Im Zusammenhang mit der Ordensverleihung an den ehemaligen kroatischen Ministerpräsidenten Ivo Sanader hat die Regierung 2014 ein Aberkennungsverfahren eingeleitet. Sanader wurde damals wegen Korruption zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Sanader gab dann den Tiroler Adler-Orden von sich aus zurück und kam damit einem Widerruf zuvor. Die Affäre um den ehemaligen Landtagspräsidenten Helmut Mader löste 2015 ebenfalls eine Debatte aus, hatte er doch nach seinem Ausscheiden aus der Politik 2008 die höchste Auszeichnung des Landes erhalten: den Ehrenring. Auch Mader verzichtete in der Folge auf den Ring des Landes.
Der Dirigent und ehemalige Intendant der Festspiele Erl, Gustav Kuhn, musste sich jetzt dieser Diskussion ebenfalls stellen. Für seine Verdienste als Präsident der Tiroler Festspiele Erl verlieh der ehemalige Tiroler Landeshauptmann Wendelin Weingartner (VP) 1999 den „Großen Tiroler Adler-Orden" 1999 an Kuhn. Die Auszeichnung ist für Nicht-Tiroler vorgesehen, deren hervorragende freundschaftliche Beziehung zum Land Tirol von besonderer politischer, wirtschaftlicher oder kultureller Bedeutung sind.
Mehrere in Erl tätige Künstlerinnen hatten Kuhn im Vorjahr jedoch sexuelle Übergriffe vorgeworfen, dieser hatte stets dementiert. Die Gleichbehandlungskommission im Bundeskanzleramt hatte die Vorwürfe geprüft und im Juli bestätigt, dass Kuhn die Künstlerinnen sexuell belästigt habe.
Damit geriet das Land in die Bredouille, schließlich lastete der Adler-Orden schwer. Kultur-Landesrätin Beate Palfrader (ÖVP) stellte am Donnerstag erstmals unmissverständlich klar, dass mit dem heutigen Wissen für sie eine Ordensverleihung nicht infrage gekommen wäre. Der grüne Klubchef Gebi Mair drängte koalitionsintern ebenfalls auf ein Aberkennungsverfahren, schließlich wuchs auch der Druck auf die Grünen.
Mit Palfraders Vorpreschen setzte sich aber eine Dynamik in Gang, die Freitag mit einem Brief von Gustav Kuhn den Abschluss gefunden hat. Darin informierte er das Land Tirol, dass er den Tiroler Adler-Orden zurückgeben möchte. Damit ist der Dirigent einem möglichen Aberkennungsverfahren der schwarz-grünen Landesregierung zuvorgekommen. Um dieses wäre die Politik wohl nicht mehr umhingekommen.