Ablehnung von Gletscherehe: „Tourismus muss Signale ernst nehmen“
Eine AK-Umfrage bestätigt die Ablehnung von Pitztal/Ötztal. Ein Viertel fühlt sich auch gegenüber Touristen benachteiligt. AK-Präsident Erwin Zangerl ist für einen Gipfel zum Thema Tourismus in der Sache.
Innsbruck – In dem Ende November/Anfang Dezember durchgeführten Herbstbarometer des Meinungsforschungsinstituts Market für die Tiroler Arbeiterkammer ging es auch um den Tourismus und den Zusammenschluss der Skigebiete am Pitztaler und Ötztaler Gletscher. 42 Prozent der 400 Befragten sind eher dagegen, 22 Prozent dafür und 28 unentschlossen. Die Einstellung zum Tourismus ist differenziert. Für 41 Prozent überwiegen die Vorteile daraus, 37 Prozent erkennen aber auch gewisse Nachteile. Und jeder vierte Tiroler hat das Gefühl, bei den Tourismus- und Freizeitangeboten gegenüber Touristen benachteiligt zu sein. Für AK-Präsident Erwin Zangerl braucht es deshalb ein intensives Nachdenken, „ob wir im Tiroler Tourismus richtig unterwegs sind“. Er schlägt deshalb einmal mehr einen runden Tisch der Sozialpartner zum Tourismus vor.
Für AK-Präsident Zangerl keine Überraschung
Seit Monaten scheiden sich an der geplanten Gletscherehe Pitztal/Ötztal schon die Geister. In der aktuellen TT-Umfrage sprechen sich 70 Prozent der Befragten dagegen aus, weil aus ihrer Sicht Tirols Berge bereits übererschlossen sind. 45 Prozent befürworten darüber hinaus einen Ausbaustopp und längere Nachdenkpausen im Tourismus. Für Arbeiterkammerpräsident Erwin Zangerl sind diese Sichtweisen keine Überraschung. Das Herbstbarometer vom market-Institut für die AK bestätige diesen Trend. „Die Skepsis gegenüber dem Tourismus wird größer, die Tiroler empfinden zusehends Nachteile.“
Obwohl die Vorteile aus dem Tourismus in der Wahrnehmung der Bevölkerung nach wie vor klar überwiegen (41 Prozent), erkennen zugleich 37 Prozent auch Schattenseiten. 26 Prozent fühlen sich mittlerweile bei Freizeitangeboten gegenüber Touristen sogar benachteiligt, 55 Prozent in etwa gleich- und 16 Prozent bessergestellt. „Diese Einschätzungen müssen der Politik und dem Tourismus zu denken geben, sie verfestigen sich“, betont Zangerl. Die Absage an den Zusammenschluss der beiden Gletscherskigebiete sollte außerdem als klares Signal ernst genommen werden. Zum anderen „leidet die Tourismusgesinnung, wenn sich die Tiroler im Land als Gäste zweiter Klasse fühlen“, fügt der AK-Präsident hinzu. Dazu komme noch die angespannte Personalsituation in der Gastronomie und den Beherbergungsbetrieben.
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Zangerl schlägt deshalb einen runden Tisch mit den Sozialpartnern vor, „wir müssen uns endlich einmal tabulos damit beschäftigen, ob wir im Tourismus richtig unterwegs sind oder ob es nicht Korrekturen benötigt“. Schon mehrmals habe er, so Zangerl, einen Tourismusgipfel angeregt. „Der Tourismus ist wichtig für Tirol, aber die Nachteile werden immer deutlicher artikuliert. Auch bei touristischen Projekten.“
Das 132-Millionen-Euro-Vorhaben Pitztal
Ötztal steht in eineinhalb Wochen auf dem Prüfstand, die mündliche Verhandlung für die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) beginnt am 22. Jänner. Eine Projektänderung ist nicht ausgeschlossen, im Hintergrund wird über eine Verkleinerung des Vorhabens diskutiert. Eine Adaptierung kann zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens vorgenommen werden, man spricht in diesem Zusammenhang von einer Revision. Die Änderungen müssen allerdings erneut von den Gutachtern bewertet werden, das sorgt natürlich für zeitliche Verzögerungen. Die Projektbetreiber hoffen allerdings auf einen positiven UVP-Bescheid, der dann auch vor den Höchstgerichten in Wien standhält. Zuletzt hatte das Bundesverwaltungsgericht 2018 die Genehmigung für die Verbindung Kappl-St. Anton gekippt.
Indessen warnt die Umweltorganisation WWF vor „intransparenten Hinterzimmer-Absprachen“ und fordert von Landeshauptmann Günther Platter einen politischen Gipfel mit Naturschutz, Wirtschaft und Wissenschaft, um über naturverträgliche, zukunftsweisende Lösungen für den Wintertourismus zu diskutieren. (pn)