Vorerst keine Einigung auf Waffenstillstand für Libyen
Bei Verhandlungen über ein Waffenstillstandsabkommen für Libyen haben die Konfliktparteien am Montag Fortschritte erzielt. Libyens Ministerpräsident Fayez-Sarraj hat zwar bei den Gesprächen in Moskau laut Russlands Außenminister Sergej Lawrow ein entsprechendes Dokument unterzeichnet. Dessen Gegner, General Khalifa Haftar, hat sich aber Bedenkzeit bis Dienstagfrüh erbeten.
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge, dass Sarrajs Gegner, General Haftar, wolle den Entwurf bis Dienstagfrüh prüfen. Eine auf Druck von Russland und der Türkeit erreichte Feuerpause war bereits in der Nacht zum Sonntag in Kraft getreten.
Unklar blieb zunächst, ob es ein direktes Treffen zwischen Vertretern der international anerkannten Sarraj-Regierung in Tripolis und Haftar gab, dessen Truppen mit Hilfe verbündeter Milizen etwa 80 Prozent des Landes kontrollieren. Der Vorsitzende des Hohen Staatsrats bestritt dies.
„Wir haben uns geweigert, uns mit Haftar zu treffen und werden unter keinen Umständen mit ihm an einem Tisch sitzen. Unsere Gespräche in Moskau führen wir mit der Türkei und Russland“, sagte Khalid al-Mishri dem libyschen TV-Sender Al-Ahrar zufolge. Russische Quellen hatten am Montag bestätigt, dass sowohl Sarraj als auch Haftar für die Gespräche angereist waren.
Die Gespräche in Moskau sollen auch den Weg für eine mögliche Friedenskonferenz in Berlin ebnen. Deutschland will schon seit längerem eine Konferenz organisieren, um die wichtigsten internationalen Akteure im Konflikt an einen Tisch zu bringen. Berichte aus der Türkei, wonach das Treffen im Rahmen des sogenannten Berliner Prozesses bereits am Wochenende stattfinden könnte, bestätigte die deutsche Regierung in Berlin zunächst nicht offiziell. Der Sender CNN Türk hatte berichtet, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan werde am Sonntag in Berlin sein.
Es gebe Planungen auch für den kommenden Sonntag - er könne den Termin der Konferenz aber gegenwärtig nicht offiziell ankündigen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. „Die Vorbereitungen auf eine solche Konferenz laufen. Sie soll auf jeden Fall im Jänner hier in Berlin stattfinden.“
Erdogan sagte zudem nach einem Libyen-Treffen mit dem italienischen Regierungschef Giuseppe Conte in Ankara, dass er nach derzeitigem Stand gemeinsam mit Kremlchef Wladimir Putin und Conte teilnehmen werde. Er glaube daran, dass es „mit dieser starken Teilnahme“ ein „starkes Resultat“ geben werde.
Offen blieb, ob an dem von Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel geplanten Treffen auch US-Präsident Donald Trump sowie Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping teilnehmen werden. Nach Angaben des Weißen Hauses hatten Trump und Merkel am Sonntag bei einem Telefonat auch über Libyen gesprochen.
In Libyen tobt seit dem Sturz des Langzeitherrschers Muammar al-Gaddafi 2011 ein Bürgerkrieg. Die deutsche Bundesregierung bemüht sich seit Monaten um eine politische Lösung. Erst am Samstag sprach Kanzlerin Angela Merkel darüber mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er sicherte Deutschland seine Unterstützung in dem Friedensprozess zu. Das müsse mit Libyen aber gut abgestimmt sein.
An den Gesprächen in Moskau nahmen auch die Verteidigungs- und Außenminister Russlands und der Türkei teil. Die Türkei unterstützt in Libyen die Regierung von Ministerpräsident Sarraj und hatte trotz internationaler Kritik begonnen, eigene Soldaten nach Libyen zu schicken. Russland stärkt dagegen - wie Ägypten, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) - General Haftar, der eine Offensive auf die Hauptstadt Tripolis angeordnet hatte.
Haftars selbst ernannte Libysche Nationalarmee (LNA), die seit Monaten versucht, auch die Hauptstadt Tripolis einzunehmen, hatte noch am Montagmorgen einem möglichen Rückzug von dort zuvor eine Absage erteilt. „Wir sind entschlossen, den gesamten libyschen Boden von Milizen und Terrorgruppen zu befreien. Wir versichern Euch, dass Eure Armee in der libyschen Hauptstadt Tripolis an all ihren Stellungen weiterhin präsent ist und sich nicht einen Schritt zurückziehen wird“, teilte die LNA bei Twitter mit.
In der Nacht zum Sonntag hatte General Haftar überraschend der Feuerpause zugestimmt und damit vorsichtige Hoffnungen auf ein Ende der monatelangen Gefechte aufkommen lassen. Beide Konfliktparteien warfen sich allerdings umgehend Verstöße vor.
Die Waffenruhe hatten Erdogan und Putin am Mittwoch bei einem Treffen in Istanbul angemahnt. Die deutscheBundesregierung begrüße dies, sagte Seibert. Das sei eine Basis, auf der auch die Konferenz in Berlin möglich werde. Bei den Konsultationen zu einer Berliner Konferenz gehe es eben um einen Waffenstillstand und ein anschließendes Waffenembargo, also um die „Herstellung der Bedingungen, die es dann möglich machen, unter UN-Ägide die nächsten Schritte hin zu einer politischen Lösung zu gehen“.
Deutchschlands Außenminister Heiko Maas sagte bei einem Jordanien-Besuch am Montag in Amman, dem Ziel, einen Gipfel zu organisieren, um den durch die UNO geführten politischen Prozess voranzubringen, sei man in den vergangenen Tagen „ein gutes Stück nähergekommen“.
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron betonte nach einem Gespräch mit Putin, ein Waffenstillstand müsse „glaubwürdig, nachhaltig und nachprüfbar“ sein, wie der Élyséepalast am Montag mitteilte. Auch Macron unterstützt die geplante Friedenskonferenz in Berlin.