Innenpolitik

„Theophil 21“ oder der Umbau der Parlamentsdirektion

Das Parlamentsgebäude wird derzeit generalsaniert. Zugleich will Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka die Organisationsstruktur für die 450 Mitarbeiter neu aufsetzen. Im August soll sie in Kraft treten.
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ÖVP-Nationalratspräsident Sobotka will mit einer Neuorganisation eine „Verflachung“ der Parlamentsdirektion erreichen. Die Kritiker sprechen von einer Umfärbung.

Von Michael Sprenger

Wien –Es herrscht Unruh­e unter den Mitarbeitern. Die Angst geht um. Wer wird entmachtet, degradiert, ist unmittelbar oder mittelbar betroffen vom Projekt „Theophil 21“?

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat Auftrag erteilt, die Organisation der Parlamentsdirektion mit ihren 450 Mitarbeitern völlig neu aufzusetzen. Der Prozess läuft und wird von der Unternehmensberatung Roland Berger extern begleitet. Der Projektname „Theophil 21“ nimmt Anleihe am Architekten des klassizistischen Parlamentsgebäudes am Wiener Ring: Während also das von Theophil Hansen entworfene Parlament eben generalsaniert wird, will Sobotka nun auch die Organisationsstruktur des Hauses erneuern.

„Bereits mit Antritt in seiner neuen Funktion hat sich Nationalratspräsident Sobotka mit Gedanken der Optimierung des Hohen Hauses beschäftigt. Funktioniert der Verwaltungsapparat, kann der Ablauf im Hause organisatorisch verbessert werden?“, erklärt Karl-Heinz Grundböck. Er ist seit Anfang 2018 Leiter der Stabsstelle für Strategische Kommunikation in der Parlamentsdirektion.

Sobotkas Überlegungen endeten im Projekt „Theophil 21“. Bereits im August soll die neue Organisationsform in Kraft gesetzt werden.

„Grundsätzlich ist gegen eine neue Organisation der Parlamentsdirektion nichts einzuwenden. Es wurden in der Vergangenheit immer wieder Mitarbeiter aus den Ministerbüros in der Parlamentsdirektion versorgt. Neue Miniabteilungen entstanden, damit diese Leute auch als Abteilungsleiter gut bezahlt werden konnten. So entstand eine Schieflage. Doch der Verdacht liegt nahe, dass es bei Sobotkas Projekt ,Theophil21‘ um eine geplante Umfärbung geht. Zudem kann man so Abteilungsleiter der roten Reichshälfte entfernen“, sagte ein Mitarbeiter des Parlaments der Tiroler Tageszeitung.

Mit der neuen Organisationsstruktur soll es zu einer Verflachung im Geschäftsbereich kommen.
Karl-Heinz Grundböck (Sprecher Parlamentsdirektion)

Manfred Matzka, ausgewiesener Kenner der heimischen Verwaltung, sieht im Projekt einen Totalumbau der Organisationsstruktur. Der langjährige Sektionschef des Bundeskanzleramtes wurde zuletzt von Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein als „persönlicher Berater“ aus der Pension in ihr Team geholt. Er war dort für die Organisation, Koordinierung, Stabsstellen und Personal zuständig. „Ob es sich bei ,Theophil‘ um eine großangelegte Umfärbung handelt, die dazu dient, weiße Elefanten zu schaffen, wird man erst beantworten können, wenn die neu zu schaffenden Abteilungsleiter besetzt werden“, sagt Matzka. Er kann aber die Unruhe nachvollziehen. „Weiße Elefanten“, damit meint Matzka unkündbare und gut bezahlte Beamte, die aber keine entsprechende Aufgabe mehr bekommen.

Grundböck will beruhigen. In den kommenden Tagen soll die rechtliche Prüfung abgeschlossen sein. Dann werde man wissen, welche Funktionen neu auszuschreiben sind. Und werde es politisch motivierte Umfärbungen geben? „Hier handelt es sich offenbar um einen altbekannten österreichischen Reflex. Wir planen keine Umfärbungen, wir wollen keine neuen weißen Elefanten herumlaufen sehen“, sagt Grundböck der Tiroler Tageszeitung. „Wir planen auch keinen Personalabbau“, ergänzte der Sprecher der Parlamentsdirektion.

Im Haus will man das so alles nicht glauben. „Derzeit erkennen wir einen regen Personalaustausch vom Innenministerium her in das Parlament. Der Verdacht liegt nahe, dass die neue Organisationsstruktur parteipolitisch motiviert ist“, sagte eine anonym bleiben wollende Parlamentsmitarbeiterin.

Die Personalvertretung ist jedenfalls alarmiert. Sie wurde Mitte Dezember über Ablauf und Umsetzung des Projekts informiert. Wenige Tage später formulierte der Dienststellenausschuss eine gemeinsame schriftliche Stellungnahme (diese liegt der Tiroler Tageszeitung vor). Darin bringen die Personalvertreter ihre Sorgen ob der „tiefgreifenden Maßnahmen“ zum Ausdruck. In einer noch allgemein formulierten Stellungnahme definierten sie „vorerst nur grundsätzliche Forderungen“.

Der Dienststellenausschuss hielt fest, dass es „keine finanziellen Einbußen“ und „keine Herabsetzungen der Arbeitsplatzbewertungen“ geben darf. Sie fordern zudem einen „wertschätzenden“ Umgang mit den Mitarbeitern und „hausinterne Ausschreibungen“, sollten Leistungsfunktionen neu besetzt werden.

Grundböck nennt als Hauptziel der Reform der Organisationsstruktur eine „Verflachung“ im Geschäftsbereich. So wird etwa die Parlamentsdirektion nach einer Art Vorstandsmodell mit klaren Aufgabenbereichen neu aufgesetzt. Grundböcks Stabstelle „Strategische Kommunikation“ (bisher bei Parlamentsdirektor Harald Dossi angesiedelt) wird aufgelöst und kommt in eine neue Abteilung „Kommunikation“.

Und was sagen die Stellvertreter von Nationalratspräsident Sobotka, Doris Bures (SPÖ) und Norbert Hofer (FPÖ), zum Projekt „Theophil“? Aus den Büros wurde lediglich erklärt, dass sich die Personalagenden im alleinigen Kompetenzbereich des Nationalratspräsidenten befinden und man bislang beim Projekt nicht aktiv und umfassend eingebunden war.