Transitstreit

EU-Kommissarin Valean bleibt hart: „Brenner darf kein Engpass werden“

Wohin geht die Transit-Richtung? EU-Abgeordnete Barbara Thaler (Bild unten) trug den Brenner ins Europaparlament, Kommissarin Adina Valean (mit Verkehrsministerin Leonore Gewessler) ließ sich nicht aus der Reserve locken und zementierte ihre Haltung gegen die Tiroler Fahrverbote ein.
© Thomas Boehm / TT

EU-Verkehrskommissarin Valean legte gestern im Verkehrsausschuss des Europaparlaments im Transitstreit gegen Tirol mit deutlichen Worten nach.

Von Manfred Mitterwachauer

Brüssel, Innsbruck – Viel und ausgiebig wurde gestern Vormittag im Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments über das neue Mobilitätspaket und den neuen „Green Deal“ der EU-Kommission gesprochen. Hatte sich doch Verkehrskommissarin Adina Valean dort eingefunden, um nicht nur ihre Strategien in den unterschiedlichsten Verkehrsbereichen für die kommenden Jahre abzustecken, sondern auch, um den Abgeordneten Rede und Antwort zu stehen. Um das Thema Brennerkorridor kam Valean auch gestern nicht herum. Und Valean rührte in Sachen Transit gegen Tirol erneut kräftig EU-Beton an.

Barbara Thaler.
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Einmal mehr zeichnete sie den Brenner als wesentlichen Bestandteil der europäischen Infrastruktur entlang des Nord-Süd-Korridors nach. Italien müsse Güter nach Norden, Deutschland Waren nach Süden transportieren können: „Da darf kein Engpass entstehen.“ Eine klare Anspielung auf die Tiroler Lkw-Fahrverbote. Und ja – an der Mautschraube zu drehen wäre „die beste Möglichkeit zur Regulierung“ des Schwerverkehrs. Das große Aber Valeans folgte aber auf dem Fuß: „Eine einseitige Lösung zur Einschränkung des Verkehrs ist auf einem europäischen Korridor nicht hinnehmbar. Das wäre das Ende des Binnenmarktes im Verkehr.“ Valean betonte, dass es ein Maßnahmenpaket benötige, wenngleich sie das von Tirol vorgelegte nicht goutiert. Den Europaparlamentariern erläuterte sie, dass sie die Verkehrsminister aus Österreich, Italien und Deutschland aufgefordert habe, sich dieses Paket „noch einmal anzuschauen“: „Bei den Tirolern bin ich auf kein großes Echo gestoßen.“

LH Platter: „Valean will Frächterlobby gefallen“

Dass die EU-Verkehrskommissarin offenkundig nicht einmal mehr ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich in Sachen Lkw-Fahrverbote in Abrede stellt (siehe Artikel oben), hat auch für LH Günther Platter eine neue Qualität: „Valean handelt damit gegen die eigenen Beschlüsse der EU, nur um der internationalen Frächterlobby zu gefallen.“ Die Rumänin lasse sich vor den deutschen wie italienischen Karren spannen, so Platter: „Die Gesundheit unserer Bevölkerung scheint ihr völlig egal zu sein.“ Erneut prangert Platter an, dass Tirol im Vergleich zum Nicht-EU-Land Schweiz massiv benachteiligt sei. Die EU, aber auch Deutschland und Italien seien jetzt gefordert.

Angestoßen hatte die Brenner-Debatte im Ausschuss Tirols EU-Abgeordnete und stv. EVP-Verkehrssprecherin Barbara Thaler. Sie verteidigte die Notmaßnahmen und wollte von Valean wissen, ob denn nicht auch der Nicht-Bau der BBT-Zulaufstrecken eine „einseitige Maßnahme“ sei, gegen die Valean vorgehen müsste. Die Bayern sind hier bekanntlich seit Jahren säumig. Zudem wollte Thaler von Valean wissen, wie sie gedenke, die Ziele des EU-Weißbuchs – minus 50 % beim Verkehr bis 2050 – angesichts ihrer Forderung nach Lockerung der Tiroler Fahrverbote noch einzuhalten. Schützenhilfe bekam Thaler von EU-Abgeordnetem Roman Haider (FPÖ). Auch er forderte von Valean einen transitpolitischen Offenbarungseid.

Die EU-Kommissarin ließ sich aber nicht aus der Reserve locken. Ihr Lob für den Baufortschritt beim Brennerbasistunnel auf österreichischer Seite wirkte umso skurriler, als sie im Anschluss festhielt, dass sie nicht daran glaube, dass der BBT beizeiten ohne fertige Zulaufstrecken dastehen werde. Im Wissen oder Unwissen, dass sich das auf bayerischer Seite bis zur geplanten Eröffnung 2028 nie ausgehen wird.

Indes setzte Valean gestern eine neue Botschaft in Richtung Tirol und Österreich ab. Auf die Frage des bayerischen EU-Abgeordneten Markus Ferber (CSU), wann sie denn nun ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten wolle, antwortete Valean allgemein, wenngleich dennoch bestimmt: „Ja, wir beabsichtigen Maßnahmen zu ergreifen.“ Derzeit würde geprüft, welche Schritte als nächstes unternommen werden könnten. Ein neuer Eklat.

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