ORF/Netflix-Serie „Freud“: Die Zerrissenheit hinter süßer Walzerseligkeit
Marvin Krens TV-Mehrteiler „Freud“, die erste Koproduktion von ORF und Netflix, eröffnete gestern Abend den Serienschwerpunkt der Berlinale.
Berlin – Der 39-jährige Wiener Marvin Kren gehört zu den erfolgreichsten heimischen Filmemachern. Einen Namen machte er sich – vor mittlerweile gut 10 Jahren – mit hintergründigen Horrorfilmen: „Blutgletscher“, seine nach „Rammbock“ zweite, größtenteils in Südtirol realisierte Kinoarbeit, wurde 2014 mit drei Österreichischen Filmpreisen ausgezeichnet. Zuletzt reüssierte Kren vornehmlich im Fernsehen: Er setzte mehrere „Tatort“-Filme in Szene, verantwortetet den burgenländischen Landkrimi „Grenzland“, vor allem aber war er der kreative Kopf hinter der ersten Staffel der gefeierten deutschen Serie „4 Blocks“.
Krens jüngstes Projekt hat noch größere Dimensionen. „Freud“ hat acht Teile – und ist die erste Gemeinschaftsproduktion von ORF und US-Streamingkonzern Netflix. Gestern Abend kamen die ersten Folgen bei der Berlinale im altehrwürdigen Berliner Zoo-Palast zur Uraufführung.
Er habe schon bei „4 Blocks“ große Freiheiten genossen, sagt Kren, aber „nicht so viele wie jetzt dank Netflix und dem ORF“. „Freud“ ist eine in acht Folgen à 45 Minuten geteilte High-End-Produktion, über deren Gesamtbudget nur spekuliert werden kann. Zahlen halten die Produktionsfirmen Bavaria und Satel vornehm unter Verschluss, weisen aber stolz darauf hin, dass „Freud“ mit dem Start auf Netflix Ende März zur am weitesten verbreiteten österreichischen Serie der TV-Geschichte wird: In zehn Sprachen synchronisiert und mit Untertiteln in 30 weiteren versehen, wird die Mysteryserie dann in 140 Ländern abrufbar sein.
Im Mittelpunkt der Handlung steht der junge Nervendoktor Sigmund Freud (gespielt von Robert Finster), der für seine Theorien zum Unbewussten noch weitgehend belächelt wird. Im Chiaroscuro des Wien der Jahrhundertwende wird er in einen Strudel aus Verbrechen und Begehren gezogen. Antisemitische Anfeindungen sind an der Tagesordnung – und nachts wird eine rätselhafte Verschwörung erahnbar: Séancen spielen dabei genauso eine Rolle wie Kokain, Shootingstar Ella Rumpf spielt ein Medium, Anja Kling eine ungarische Aristokratin mit Hang zum Diabolischen. Ungleich handfester als Freud ermittelt Georg Friedrich als wortkarger Inspektor Kiss. Die weiteren Rollen sind nicht minder namhaft besetzt: Philipp Hochmair geistert genauso durchs aufwendige Dekor wie Heinz Trixner oder Johannes Krisch.
Obwohl großteils in Prag gedreht, spiele das Wien als Welt von Gestern die eigentliche Hauptrolle, erklärt Regisseur Kren: „Es ging mir um eine filmische Welt, die Walzerseligkeit und Süßlichkeit einerseits und den Grant und die Zerrissenheit der Menschen andererseits vereint.“ (TT, APA)
📽 Video | Premiere für erste ORF-Netflix-Koproduktion