Social-Media-Trend

#NoWater: Influencer verzichten auf Wasser, um gesünder zu leben

Statt Wasser zu trinken, nehmen Influencer Flüssigkeit nur noch durch Obst und Gemüse auf. Auch in Form von Smoothies.
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Auf Instagram ist mal wieder ein neuer Trend aufgekeimt: Manche Nutzer schwören darauf, kein Wasser mehr zu trinken. Stattdessen konsumieren sie Obst und Gemüse. Experten warnen davor.

Von Manuel Lutz

Innsbruck –„Ich glaube, dass man sich nicht mit Wasser hydriert – Wasser spült den Körper“ wird Influencerin Alise Miksta vom Lifestyle-Magazin Vice zitiert. Daher verzichtet die Lettin seit rund einem halben Jahr gänzlich auf Wasser – sofern man ihren geteilten Beiträgen auf der Instagram-Seite Glauben schenken kann. Stattdessen setze sie darauf, Wasser zu „essen“, also in Form von püriertem Obst und Gemüse: „Wenn man Rohkost und Obst isst, braucht man in Wahrheit kein Wasser.“

Auf zahlreichen Bildern zeigt sich die 30-Jährige mit Wassermelonen sowie mit dem Saft der Frucht. „Wassermelone besteht zu 90 Prozent aus Wasser und das ist mein Lieblingswasser“, schreibt sie.

Yogalehrerin und Influencerin Sophie Prana behauptet gegenüber Vice gar, sie habe seit über einem Jahr keinen Tropfen Wasser getrunken. Flüssigkeit hole sie sich u. a. von Melonensaft und Kokosnusswasser. „Es ist das Beste, was ich je in meinem Leben getan habe“, zeigt sich die Österreicherin überzeugt.

Tiroler Experten reagieren alarmiert

Unter dem Hashtag „#NoWater“ finden sich nun schon zahlreiche Beiträge von Personen, die dem Trend folgen und es ihren Vorbildern, den Influencern, nachmachen. „Viele der Influencer im Ernährungsbereich sind selbst ernannte Experten, die ohne Fachwissen teils gefährliche Tipps geben. Ich erlebe in der Beratungspraxis oft, dass viele gar nicht mehr wissen, was sie noch essen sollen oder dürfen. Das betrifft leider alle Altersgruppen“, ist die Innsbrucker Diätologin Edburg Edlinger alarmiert.

Viele der Influencer sind selbst ernannte Experten, die ohne Fachwissen gefährliche Tipps geben.
Edburg Edlinger (Diätologin)

Internist Herbert Tilg von der Med-Uni Innsbruck hat eine klare Meinung dazu: „Ich finde es ehrlich gesagt ziemlich absurd. Ein gesunder Mensch braucht eineinhalb Liter Wasser pro Tag, das ist wichtig für den Organismus. Es gibt keine Hinweise, dass der Konsum von dieser Menge krank machen würde oder sonst negative Aspekte hat.“

Ich finde es ehrlich gesagt absurd. Ein gesunder Mensch braucht eineinhalb Liter Wasser pro Tag.
Herbert Tilg (Internist)

Vielmehr kann der Verzicht zahlreiche negative Konsequenzen nach sich ziehen. „Der Mensch besteht zu zwei Dritteln aus Wasser. Organe wie die Niere können Schaden nehmen. Zu wenig Flüssigkeit führt zudem bei der Verdauung zu Verstopfung“, nennt der Mediziner Beispiele. Die ersten Anzeichen von Wassermangel sind Kreislaufprobleme und die Abnahme der körperlichen und geistigen Leistung. „Dies tritt bereits bei Flüssigkeitsverlusten von weniger als zwei Prozent ein. Bei einem 75 Kilo schweren Mann entspricht es einem Liter“, betont Edlinger.

Zwei Kilo Wassermelonen pro Tag

Um den Organismus im Fall der „#NoWater“-Bewegung also in Schwung zu halten, müsste eine große Menge an Früchten verzehrt oder in Form von gepressten Säften getrunken werden. Theoretisch möglich, praktisch über einen längeren Zeitraum wohl kaum umsetzbar. „Das wären dann etwa zwei Kilo Wassermelonen pro Tag. Betätigt man sich körperlich, braucht man gar drei Kilo. Ich selbst esse täglich gerne Obst, aber bei dieser Menge wird mir nach vier Tagen schlecht. Der Körper ist nicht dafür gemacht. Der Konsum von solchen Obstmengen führt bei fast allen Menschen zu einer Fruktoseintoleranz mit entsprechenden Symptomen“, stellt Tilg klar.

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Zudem hat der übermäßigen Konsum von Obst eine zusätzliche Schattenseite. „Wer über Nahrung Flüssigkeit aufnimmt, erhöht damit potenziell seine Energiezufuhr und kann mit einer unerwünschten Gewichtszunahme rechnen. Dazu kann es zu Blähungen führen“, warnt Edlinger.

Wer hingegen glaubt, dass man durch Wasser zunehmen kann, der täuscht sich. „In einem gesunden Körper sammelt sich sowieso kein Wasserüberschuss an. Er scheidet alles wieder aus“, beruhigt Tilg.

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