Natur setzt der Urforelle im Nationalpark Hohe Tauern zu
Seit 2003 versucht der Nationalpark Hohe Tauern die ursprüngliche Bachforelle zu bewahren. Hochwasser und Regen gefährden die Fische.
Von Catharina Oblasser
Kals, St. Jakob in Defereggen – Der Trojeralmbach im Osttiroler Defereggental sowie der Dorfer- und Seebach in Kals beherbergen urwüchsige Tiere: die autochthone Bachforelle. Die Fische stammen aus einem kleinen Hochgebirgssee in Anras, der wegen seiner Abgelegenheit nicht befischt wurde und vom Menschen unberührt blieb – ebenso wie der Fischbestand, der deshalb als „autochthon“, also ursprünglich, bezeichnet wird. Das nutzte der Nationalpark Hohe Tauern für ein Forschungsprojekt im Rahmen einer groß angelegten europäischen Initiative. Ziel ist es, den Genpool der ursprünglichen Art zu bewahren. Seither sind die Tiere unter der Bezeichnung „Urforelle“ bekannt.
Die Fische aus dem Anraser See fanden 2003 eine neue Heimat in den Kalser Hochgebirgsbächen, 2006 wurden auch Exemplare in St. Jakob eingesetzt. „Danach haben wir die Tiere sich selbst überlassen“, erklärt Florian Jurgeit vom Nationalpark Hohe Tauern. „Wir beobachten nur und kontrollieren die Bestände.“ Die Urforelle soll sich, angepasst an den extremen Lebensraum, natürlich entwickeln, gefischt wird dort nicht.
Das Projekt liefert interessante Einblicke, meint Jurgeit. So konnten die Forscher des Nationalparks zum Beispiel 2011 viele gut entwickelte Urforellen in den untersuchten Bächen entdecken: „Die größte war fünf oder sechs Jahre alt, war zwischen 35 und 37 Zentimeter groß und wog ein halbes Kilo“, erzählte Jurgeit damals im Gespräch mit der TT. „Für diese Höhenlage ist das erstaunlich.“ Bei der autochthonen Bachforelle zeige sich auch eine sehr hohe Standorttreue, man könne markierte Fische über die Jahre immer wieder am gleichen Ort entdecken. Weder der Mensch noch andere Tiere setzen der Urforelle zu, erklärt der Forscher weiter, sondern die Natur selbst.
„Was wir feststellen, sind die Auswirkungen der nun sehr häufig auftretenden Hochwässer durch starke Niederschläge“, so Jurgeit. „Im Kalser Dorfertal hatten wir so etwas seit 2010 dreimal.“ Wenn man sich vorstelle, welche Wassermassen mit Geschiebe sich durch so einen Bach arbeiten, dann mache es das für die Tiere nicht einfach, meint er. „Bei der Nachschau nach solchen Vorkommnissen zeigt sich nur noch eine geringe Anzahl an Urforellen.“
Dennoch: Es überleben genügend Fische, auch junge, um die Hoffnung nicht aufzugeben. Speziell in geschützteren Seitenbächen hält sich ein stabiler Bestand – im Kalser Dorfertal beispielsweise im Seebach, der kaum hochwasseranfällig ist. „Hier zeigt sich die Bedeutung von solchen Seitenbächen als Rückzugsraum“, meint der Nationalpark-Fachmann. „Wir gehen davon aus, dass der Bestand von dort aus auch wieder den Hauptbach besiedeln wird.“