Zahl der Coronavirus-Fälle in Österreich steigt
In Österreich sind bis Samstagvormittag neun bestätigte Infektionen mit dem Coronavirus aufgetreten. Das sagte Brigitte Zarfl, Ex-Gesundheitsministerin und Spitzenbeamtin im Gesundheitsministerium, bei einer Pressekonferenz von Mitgliedern des Einsatzstabes in Wien. Das in Niederösterreich positiv getesteten Ehepaar hatte Kontakt mit einer in Wiener Familie, die sich im Spital befindet.
Wie Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) am Samstagvormittag mitteilte, ist das niederösterreichische Ehepaar aus dem Bezirk Korneuburg in der Nacht auf Samstag positiv getestet worden. Die Frau befindet sich nach Angaben von Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) im Wiener Kaiser Franz-Josef-Spital. Der ebenfalls infizierte Mann zeige eine „milde Symptomatik“. Er habe „einen Bescheid zur häuslichen Quarantäne bekommen und hält sich entsprechend des Erlasses des Gesundheitsministeriums zuhause im Bezirk Korneuburg auf“. Die Kinder des Ehepaares seien gesund.
Die Familie hatte laut dem Amt der NÖ Landesregierung mit jener Wiener Familie Kontakt, die bereits im Kaiser Franz-Josef-Spital behandelt wird - in diesem Fall liegen positive Tests bei einem Mann, einer Frau und dem Sohn des Paares vor. Derzeit laufe die Abklärung der Kontaktpersonen, die von der Gesundheitsbehörde informiert werden.
Der jugendliche Sohn der beiden Wiener hatte am Freitagnachmittag den ersten Coronavirus-Fall mit Niederösterreich-Bezug dargestellt. Er besucht das Erzbischöfliche Gymnasium in Hollabrunn. Vier Lehrkräfte sowie 23 Schülerinnen und Schüler der Geburtsjahrgänge 2003 bis 2005 befinden sich bis 11. März in häuslicher Quarantäne.
Der Patient 0 in diesem Fall - der Mann war in die Lombardei gereist - ist bekannt. Im Fall eines 72-Jährigen in Wien schwer erkrankten Corona-Patienten - nach APA-Informationen ein renommierter Anwalt - wird nach der Ansteckungsquelle weiter gesucht. Die Wiener Behörden seien zuversichtlich, diese „Person 0“ bald zu identifizieren, sagte Ex-Gesundheitsministerin Zarfl bei der Pressekonferenz in Wien.
Dass nun zunehmend weitere Fälle auftreten, sei „ein ganz normaler Verlauf“, betonte Zarfl. „Wir haben mit so etwas gerechnet, die Strukturen arbeiten gut“, betonte die Beamtin. Mit Stand Samstag, 8.00 Uhr wurden bundesweit bisher 1.649 Testungen auf den SARS-CoV-2 Erreger durchgeführt. Das gab das Gesundheitsministerium bekannt.
Einen positiven Test gab es auch bei einer etwa 50 Jahre alten Frau aus der Steiermark. Der Fall war bereits am Freitagabend bekannt geworden. Sie war aus einem Risikogebiet in Oberitalien von einer Messe zurückgekehrt. Die Patientin befand sich am Samstag mit leichtem Verlauf im Krankenhaus, hieß es am Samstag bei einer Pressekonferenz des Landes Steiermark. Sie war selbst mit einem Verdacht ins Spital gekommen. Alle Kontaktpersonen wurden verständigt und aufgefordert, zu Hause zu bleiben, sagte die steirische Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP). Dabei handelt es sich um ihre Angehörigen.
Wien hat am Freitag seinen Notfallplan vorgelegt. Ein zentraler Punkt ist die Ausweitung des Ärztefunkdienstes. Von einem Besuch von Ordinationen und Ambulanzen wird dringend abgeraten. Menschen mit Infektionsverdacht sollten die Hotline 1450 anrufen. Betroffene werden dann vom - personell deutlich aufgestockten - Ärztefunkdienst besucht. Der medizinische Krisenstab der Stadt Wien hat am Freitag indes die Entscheidung getroffen, vorerst keine Einschränkungen für Kongresse, Tagungen, Sportveranstaltungen und ähnliche Veranstaltungen auszusprechen.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) präsentierten außerdem eine Informationskampagne, um die Bevölkerung über das neuartige Coronavirus aufzuklären. Vorgestellt wurde auch eine Task Force, die im Gesundheitsministerium einen medizinischen Beirat rund um SARS-CoV-2 bildet. „Wir ziehen die Kompetenzen in Österreich zusammen“, betonte Anschober. Er kündigte zudem zwei Erlässe und drei Verordnungen an, damit zentrale Vorgaben rechtsverbindlich in allen Bundesländern umgesetzt werden.
Mit Symptomen, die potenziell auf eine Infektion hindeuten, soll man für medizinische Auskünfte die Telefonnummer 1450 wählen, mit Fragen und Sorgen allgemein die Hotline unter 0800-555-621.
Das Coronavirus könnte sich in Zukunft wie Influenza-Viren dauerhaft etablieren. „Es ist nicht anzunehmen, dass SARS-CoV-2 völlig verschwinden wird“, sagte Heinz Burgmann, Leiter der klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin an der MedUni Wien, im Gespräch mit der APA. Noch sind jegliche Szenarien über den weiteren Verlauf Spekulation, warnte der Experte.
Die EU-Gesundheitsminister kommen am 6. März wegen der Ausbreitung des Coronavirus zu einer Sondersitzung zusammen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rechnet damit, dass es in einigen Wochen erste Ergebnisse zu Impfstoffen und Medikamenten gegen das neuartige Coronavirus gibt. Derzeit seien weltweit mehr als zwanzig Impfstoffe in der Entwicklung, sagt WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus.
Seit dem 31. Dezember 2019 wurden 83.365 Fälle von COVID-19 (gemäß den in den betroffenen Ländern geltenden Falldefinitionen) gemeldet. Bis zum 28. Februar wurden 2.857 Todesfälle aus China registriert, 26 aus dem Iran, 17 aus Italien sowie 13 aus Südkorea, berichtete die Europäische Behörde ECDC zu Covid-19. Zwei Tote gab es bisher in Frankreich.