Reise

Schönstes Regengrün in den Gärten von Nord-Wales

Weiße Blüten im Rosengarten von Bodysgallen Hall. Im Hintergrund das Hotel.
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Bei Gärten in Großbritannien denken viele sofort an England. Doch auch in Wales gibt es eine Reihe wunderschöner Paradegärten – vor allem im Norden. Eine Reise ins regenreiche Grüne.

Ja, es regnet viel in Wales. Doch dank der Feuchtigkeit sprießen die Pflanzen üppig, und davon profitieren auch die herrschaftlichen Gärten im Norden von Wales, die mittlerweile viele Reisende anlocken. Und ja, es scheint dort auch die Sonne.

Im Bodnant Garden im Tal von Conwy flanieren die Gäste über große Terrassen zum Seerosenbecken und genießen die Aussicht auf die hügelige Landschaft. Dann spazieren sie durch den Goldregen-Tunnel, in dem in der Blütezeit unzählige gelbe Blüten ein Dach bilden. Er ist der angeblich längste und mit 140 Jahren älteste im Land.

„Allein zwei Wochen benötigt ein Gärtner, um die verblühten Blüten einzusammeln“, sagt Obergärtner John Rippin. Ihm unterstehen 24 Gärtner und 200 Freiwillige. „Es gibt kaum mehr Gärten mit so einem großen Team.“ Bodnant Garden ist ein Ort der Superlative, er misst insgesamt 32 Hektar, rund 45 Fußballfelder.

Es geht bergauf zu Magnolien, Rhododendren und seltenen Bäumen. Pflanzenjäger brachten sie aus fernen Ländern nach Europa. „Dieses Pflanzenrefugium wurde bereits im 19. Jahrhundert angelegt“, erzählt die Waliserin Fran Llewellyn, die ein Buch über Bodnant Garden geschrieben hat. „Fünf Generationen einer Familie pflegten den herrschaftlichen Garten bis zur Übergabe an den National Trust im Jahr 1949.“

Goldregen-Tunnel in Bodnant Garden – der längste in ganz Wales.
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Die gemeinnützige Organisation kümmert sich mittlerweile um mehr als 300 Herrenhäuser und Gärten. Meist stammen die historisch wertvollen Gebäude aus den Nachlässen wohlhabender Briten. Durch die Übereignung an den National Trust bleiben die Besitzungen der Nachwelt erhalten und werden öffentlich zugänglich.

Auch der nahe und nicht so bekannte Garten von Bodysgallen Hall gehört zum National Trust. Das Herrenhaus, dessen ältester Teil auf das 13. Jahrhundert zurückgeht, dient heute als Hotel.

Der formale, sehr gepflegte Garten ist in acht unterschiedlich große Räume eingeteilt. Viel fotografiert wird das streng geometrische Buchs-Parterre, das nicht mit Blumen, sondern mit Kräuterpflanzen gefüllt ist. Der Rosengarten empfängt mit süßlichem Duft. Dazu spendet ein Wasserfall im Felsengarten Schatten und Kühle.

„Im Küchengarten züchten wir Spalierobst, Beeren, Gemüse und Blumen für den eigenen Bedarf“, sagt Robert Owen. Der Chefgärtner von Bodysgallen Hall zeigt auf die Backsteinmauer, die diesen Walled Garden schützend umgibt.

Der Geschmack der Upper Class

Das Anwesen von Erddig in Wrex­ham wollte der National Trust erst ablehnen. Doch dann übernahm er das Herrenhaus mit Garten doch, vor allem wegen des einzigartigen Inventars. Heute können die Besucher durch Jahrhunderte gehobenster Wohnkultur der britischen Oberschicht schreiten. Gesammelt wurde auf diesem Gut alles: erste Automobile, Hochräder, mobile Duschen und Fotos der Bediensteten.

Auch der Garten mutet historisch an. Da wachsen in Reih’ und Glied zu Kegeln getrimmte Eiben und Obstbäume, darunter 180 alte Apfelsorten. Und ein endloses Spalier aus Lindenbäumen. „Das längs­te Lindenspalier in Wales“, versichert Obergärtner Glyn Smith. Stünden da nicht Sonnenklappstühle kreuz und quer, könnte sich der Gast in einem Garten des 18. Jahrhunderts wähnen.

Geometrisches Buchs-Parterre im Garten von Bodysgallen Hall.
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Ein Gefühl für das 19. Jahrhundert bekommt der Besucher von Plas Newydd auf der Insel Angle­sey ganz im Nordwesten von Wales. Bis zur Übergabe an den National Trust gehörte der herrschaftliche Besitz dem Marquess of Anglesey. Im restaurierten Inneren des Herrenhauses ist eine exquisite Einrichtung zu bestaunen, zum Beispiel ein 17,5 Meter langes Wandbild und chinesische Seidentapeten.

Im Garten wachsen Azaleen, Magnolien und Rhododendren aus dem Himalaya. Aber selbst der leitende Gärtner Bill Warrell gesteht, dass das Nonplusultra von Plas Newydd die Lage direkt am Wasser ist – und der Ausblick auf das imposante Snowdonia-Gebirge. „Von unserem Garten hat man den besten Blick in ganz Britannien“, schwärmt er. Und ergänzt: „Gutes Wetter vorausgesetzt.“

Den Wildwuchs gezähmt

Dagegen dreht sich in Plas Cadnant Hidden Gardens auf Anglesey wirklich alles um die Pflanzen – ein echter Geheimtipp. Anthony Tavernor hat das Gut 1996 gekauft und den jahrzehntelang zugewucherten Garten mit Leidenschaft restauriert. Die Vielfalt der Pflanzen ist überwältigend. Zunächst führt der Gastgeber durch den Mauergarten mit zu Pyramiden geschnittenen Eiben. Der Mann liebt Topiary, die Kunst des Formschnitts. Dann geht es vorbei an Staudenrabatten voller Blüten. „Bei mir muss immer etwas blühen“, sagt der Gartengestalter.

Weder Regen noch Wind können Tavernor davon abhalten, tief hinein in seinen Waldgarten zu spazieren und auf die mannshohen Baumfarne und gigantischen Gunnera-Blätter zu zeigen. Ein Netz an Wegen führt durch den dschungelartigen Wald, der wild wirkt, aber mit Bedacht gestaltet wurde – inklusive Wasserfällen, Teichen und Felsen.

Noch urwaldartiger mutet der Waldgarten des Hoteldorfs Portmeirion mit seinen seltenen und wundersamen Bäumen an. Die glatten Äste der Japanischen Zeder sehen aus wie riesige Arme. Hinter Gehölzen verbergen sich Pavillons zum Verweilen – und tief im Wald gibt es sogar einen Hundefriedhof. (APA, dpa)

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