Coronavirus

Lachen trotz Corona-Krise: „Humor ist eine Bewältigungsstrategie“

Befund in der Corona-Krise: „Wenn die Situation bedrohlich ist, dann schafft der Humor eine Distanz zur Realität.
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Psychologin Doris Bach erläutert, warum Lachen in Zeiten wie diesen besonders wichtig ist – und was in Zeiten wie diesen zum Lachen animiert.

Von Karin Leitner

Wien – Ängste, Sorgen – die haben Menschen ob der Corona-Krise allerorts. Schluss mit lustig scheint zu sein. Das Lachen ist den meisten Leuten vergangen.

Dabei wäre dieses gerade in Zeiten wie diesen vonnöten. Für die Psyche. „Der Humor ist die Waffe der Seele im Kampf um ihre Selbsterhaltung“, konstatierte der Psychiater Viktor Frankl, der drei Jahre in NS-Konzentrationslagern überstanden hatte.

Die klinische Psychologin Doris Bach verweist im Gespräch mit der Tiroler Tageszeitung auf diesen Befund. Und sagt: „Wenn die Situation bedrohlich ist, dann schafft der Humor eine Distanz zur Realität. Damit kommt man zumindest kurz in eine andere Stimmung. Humor ist eine Bewältigungsstrategie.“ Durch Lachen werde Anspannung reduziert, Glückshormone würden produziert. „Es kommt mehr Sauerstoff in das Gehirn“, sagt Bach, die dem CliniClowns-Forschungsverein präsidiert.

Humor sei auch ein Ventil, ein Mittel gegen Wut und Aggression, die entstehen könnten – vor allem bei Menschen, die in kleinen Wohnungen isoliert seien. „Humor stärkt das Immunsystem, reduziert die Angst und den Stress. Außerdem regt es die Kreativität und die Flexibilität an – und es macht attraktiver“, sagt die Psychologin. „Der ,Beipackzettel‘ der wünschenswerten Wirkungen und Nebenwirkungen von Humor sollte dazu anregen, dass auch Erwachsene wieder mehr lachen lernen. Kinder lachen zwischen 200- und 450-mal am Tag, Erwachsene nur etwa zehn- bis 15-mal.“

Humor fördere die psychische Widerstandskraft, „denn um resilienter zu werden, ist es wichtig, die gegebene Situation einmal anzunehmen. Erst dann können wir verantwortungsvoll und lösungsorientierter auch etwas Positives in jeder Situation finden“, erläutert Bach. „Wichtig ist es jedoch, dabei aus der Opferrolle auszusteigen, um wieder aktiv planen und am Leben teilhaben zu können.“

Wie kann man sich angesichts der Lage zumindest ab und zu aufheitern? Viele Möglichkeiten gebe es da, antwortet Bach: „Dem einen tut Musik, die aktiviert, gut, dem anderen, sich Fotos anzuschauen, auf denen Schönes zu sehen ist.“

Ratsam sei auch, bei Telefonaten mit Familienmitgliedern und Freunden nicht nur das Coronavirus zu thematisieren: „Man sollte sich auch über Banalitäten austauschen, über lustige Ereignisse, die es gegeben hat, denn jeder Tag bringt auch witzige Situationen mit sich“, sagt Bach.

Und was die Fernseh-Konsumation angeht: Information in Sachen Corona sei wichtig, aber nicht durchgehend. Und anderweitig Bedrückendes sei zu meiden – statt Psychothrillern und Krimis sollten Komödien und Kabarett auf dem Programm stehen.

Psychologin Doris Bach: „Diese Leute brauchen diese Art von Humor, um in diesen Berufen überhaupt arbeiten zu können.“
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Satire wird dieser Tage auch auf anderen Kanälen vermehrt geboten. Eine neue Form von ihr: Corona-Witze. Via Twitter, Facebook und Instagram werden Memes – das sind Bilder mit einem Kommentar – verbreitet. Auch Videos zur Causa Corona werden in das Netz gestellt und per WhatsApp weitergereicht. „Schwarzer Humor floriert“, sagt Bach. Schon am Beginn der Krise waren Klopapier, das Leute hamsterten, und die mexikanische Biersorte Corona ein Motiv. Zu sehen ist etwa auch ein Mann in einem Winteroutfit – nicht an einer Stange in der U-Bahn hält er sich fest, sondern an jener in seiner Dusche. Der beigefügte Text: „When you miss your daily life.“ Vermeintliche Abflüge in eine Urlaubsdestination werden präsentiert – mit lieben Grüßen von oben. Tatsächlich ist eine Klobrille vor einen Bildschirm gehalten worden, auf dem der Himmel zu sehen ist.

„Die Satire will zum Lachen und Verlachen reizen. Sie wurdebereits in der griechischen und römischen Antike zur Lehre, Unterhaltung und der Polemik verfasst“, erläutert Bach. „Spottschriften und Spottdichtung waren und sind ein Mittel, um auf indirekte Weise Kritik anzubringen. Durch übertriebene und überspitzte Darstellung werden vorhandene Zustände, vorherrschende Ansichten oder gesellschaftliche und politische Tendenzen angesprochen, angeprangert und verhöhnt.“

In Zeiten der Digitalisierung prangerten Menschen schnell und unmittelbar Begebenheiten oder Ereignisse auf ironisch-humor- volle Weise an – und entlarvten diese. Bach nennt ein Beispiel für diese Art von Netz-Text: „Vorsicht: Wir dürfen echt nicht glauben, was uns das Gesundheitsministerium sagt!!!! Sie haben gesagt, es reicht, wenn wir Maske und Handschuhe beim Rausgehen tragen. Das habe ich heute Morgen gemacht. Aber die anderen hatten alle auch noch Pullover und Hose an!!! Oh, war das peinlich.“

Nicht jedes Menschen Geschmack sei, was er in sozialen Netzwerken zu sehen und zu hören bekomme, sagt Bach. „Man kann sich dadurch auch verletzt oder angegriffen fühlen.“ Faktum sei aber auch: „Je fordernder das Umfeld ist, desto schwärzer wird der Humor.“

Bei Feuerwehrleuten habe sich gezeigt, dass diejenigen, die humorvoller seien, weniger oft an einer Belastungsstörung nach traumatisierenden Einsätzen leiden. „Humor hilft der Psyche, gesund zu bleiben“, sagt Bach. Das gelte für alle, die in Krisensituationen helfen – so auch für Rettungskräfte, Notärzte, Chirurgen und viele andere.

Menschen mit anderen Jobs wären entsetzt ob dessen, was an manchem Unfallort gesagt werde, sagt die Psychologin. „Diese Leute brauchen aber diese Art von Humor, um in diesen Berufen überhaupt arbeiten zu können – und um die Bilder aus dem Kopf zu bekommen.“ Lachen sei die Bestätigung, dass ein Witz verstanden werde. „Wichtig ist, dabei auch einmal die Perspektive zu wechseln. Man kann aber auch ohne Grund, wie im Lachyoga, lachen – das physiologische Ergebnis ist dasselbe.“