Elternbefragung: Ein gutes Zeugnis für den Unterricht zu Hause
Laut einer Befragung von über 10.000 Eltern funktioniert das digitale Lernen in Österreich. An einigen Stellschrauben gilt es aber noch zu drehen.
Von Benedikt Mair
Innsbruck, Zug – Bekommen die Kinder alles mit? Werden sie nicht überfordert? Und was ist mit der Technik? Groß waren die Sorgen, als in Österreich auf digitalen Unterricht umgestellt wurde. Dabei läuft es besser, als von vielen befürchtet. Das geht zumindest aus einer Umfrage unter knapp über 10.000 Eltern hervor, die der Bundesverband der Elternvereine (BEV) in Auftrag gegeben hat. An einigen Stellschrauben gelte es demnach aber dennoch zu drehen. Besonders Kinder, die nur eingeschränkten Zugang zu Computern, Laptops oder Tablets haben, sind benachteiligt.
Von den 10.660 Eltern, die bei der Erhebung teilnahmen, gaben 72 Prozent an, dass ihre Kinder jederzeit freien Zugang zu einem PC haben, 28 Prozent hingegen kaum oder gar nicht. Auf die Frage, ob die Kinder im Vergleich zum normalen Schulbetrieb mehr Zeit aufwenden müssen, antworteten von den Eltern aus der Gruppe mit uneingeschränktem Zugang knapp über 40 Prozent mit „trifft voll zu“ oder „trifft eher zu“. Bei jenen aus der Gruppe mit eingeschränktem Zugang waren es über 47 Prozent. Dieser gravierende Unterschied zog sich auch über die anderen Fragen hinweg durch – etwa ob die Kinder Aufgaben selbstständig bewältigen können oder die Unterstützung der Schulen ausreichend sei. Die Unterschiede bei den Ergebnissen der österreichweiten Auswertung und jener ausschließlich für Tirol, woher 8,5 Prozent der Befragten stammen, sind nur marginal.
Die Umfrage des Bundeselternverbandes deckt sich auch mit dem gestern veröffentlichte Schul-Barometer des Instituts für Bildungsmanagement und Bildungsökonomie der Pädagogischen Hochschule Zug. Demzufolge könnte die Umstellung auf Heimunterricht wegen des Coronavirus die Chancenungleichheit an Schulen im deutschen Sprachraum weiter verstärken.
Christoph Drexler, Obmann des Landeselternverbandes Tirol, ist jedenfalls alarmiert. Zwar sei er „überrascht gewesen“, dass das digitale Lernen im Großen und Ganzen „erstaunlich gut“ zu funktionieren scheint. „Eltern, deren Kinder keinen uneingeschränkten Zugang zu Laptops oder Computern haben, sind aber deutlich gestresster. Sie fühlen sich in deutlich höherem Maß von der Situation überfordert.“ Drexler begrüßt deshalb Initiativen von Land und Bund, die hier entgegensteuern wollen. In Tirol soll mit Schecks der PC-Kauf gefördert werden, die Regierung in Wien will Leihgeräte zur Verfügung stellen.
Zu bedenken gibt der Elternverbands-Obmann allerdings, dass die Ausgabe der Leihgeräte zügig funktionieren müsse. Bei der finanziellen Unterstützung in Tirol sieht er die Gefahr, dass kinderreiche Familien benachteiligt werden. „Ein Laptop für fünf Kinder ist nicht genug. Die so genannten Digi-Schecks können aber nur einmal pro Familie beantragt werden.“ Hier gelte es nachzubessern. „Denkbar wäre es, dass die Schecks pro Kind und nicht pro Familie beantragt werden können. Oder auch das Land Leihgeräte stellt.“ Hier und dort sei bei der Umfrage unter den Eltern auch der Wunsch nach einheitlichen Lernplattformen aufgetaucht. Auch das möchte Drexler umgesetzt wissen.