Corona-Krise

Öffnung von Kindergärten und Krippen: Alle Kinder müssen fix betreut werden

In einigen privaten Ganztageseinrichtungen ist knapp die Hälfte der Kinder schon wieder zur Betreuung da.
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Land und Bildungsdirektion stellten nach Beschwerden von Eltern klar: Kinder dürfen nicht abgelehnt werden. Es hakt noch bei der Nachmittagsbetreuung.

Von Alexandra Plank

Innsbruck – Immer wieder wurde Christoph Drexler, Obmann des Elternverbandes Tirol, in den vergangenen Wochen von verzweifelten Eltern kontaktiert. Entgegen den Aussagen von Bundeskanzlers Sebastia­n Kurz und Bildungsminister Heinz Faßmann sei ihnen seitens der Schulen erklärt worden, dass eine Betreuung der Kinder nur für system­relevante Berufe möglich sei. Es war der Fall einer Alleinerzieherin, deren Kind nach Ostern abgewiesen wurde, der Drexler veranlasste „ein langes Beschwerde-Mail an die Bildungsdirektion zu schreiben“.

Besonders ärgerte ihn, dass schon zu Beginn der Beschränkungen ausdrücklich davon die Rede war, dass die Kinder von Alleinerzieherinnen jedenfalls zu betreuen seien, nicht nur wenn die Eltern etwa als Polizistin oder Krankenschwester arbeiten. Die Bildungsdirektion hat umgehend reagiert. Am Mittwoch erging ein Mail an alle Direktoren.

Neben anderen Themen hieß es im Schreiben wörtlich: „Es haben uns in der Zwischenzeit vereinzelt Berichte erreicht, dass von manchen Schulen die Übernahme von Kindern in die Betreuung zurückgewiesen worden ist. Diesen Schulen gegenüber bedarf es der Klarstellung, dass es Entscheidung der Erziehungsberechtigten ist, ob sie die Kinder in der Schule betreuen lassen wollen. Das Abweisen von Kindern ist nicht zulässig und die Eltern müssen sich nicht dafür rechtfertigen, warum sie ihre Kinder zur Betreuung an die Schule übergeben.“

Drexler freut sich über die Klarstellung und erhofft sich das auch für die Nachmittags­betreuung. „Hier haben viele vor Corona keinen Bedarf angemeldet, weil die Großeltern eingesprungen sind, nun aber sollen diese nicht mehr auf die Kinder schauen.“

Eltern müssen sich nicht rechtfertigen, warum sie ihre Kinder zur Betreuung übergeben.
Paul Gappmaier
 (Bildungsdirektor)
Paul Gappmaier 
(Bildungsdirektor)
© Land Tirol

Marion Wex ist vierfache Mutter, Polizistin und Bürgermeisterin von Buch in Tirol. „Ich kenne die Situation von allen Seiten“, sagt sie lachend. In Buch habe sie selbstverständlich den Eltern ermöglicht, ihr­e Kinder in die Betreuung zu schicken. Es sei ihr aber bei einer Schule passiert, dass sie darauf hingewiesen wurde, dass ihr Kind das einzige sei, das Betreuung benötige. Der Umstand, dass vielen Müttern – es sind halt meistens die Fraue­n, die es trifft – deutlich gemacht werde, dass sie als Einzige nicht in der Lage seien, sich zu organisieren, stört auch eine andere vierfache Mutter enorm. „Es ist nicht nur so, dass wir Eltern irgendwann nicht mehr können, sondern auch die Kinder sehnen sich nach Gleichaltrigen.“ Es gebe wie immer Einrichtungen, die unterstützend seien, und andere, die den Eltern das Leben erschweren würden.

Diese Erfahrung unterstreicht Wex: „Gerade bei den privaten Kindergärten und Kinderkrippen gibt es viele positive Beispiele. Die sind auch auf die Beiträge der Eltern angewiesen.“

Susanne Marini, Obfrau vom Dachverband Selbst­organisierte Kinderbetreuung Tirol, berichtet aus der Praxis, dass der aktive Kontakt der Pädagoginnen mit den Eltern besonders wichtig ist. „Viele Eltern sind verständlicherweise überlastet mit Home-Office, Home-Schooling und Betreuung der Kleinsten. Sie sind froh, wenn es ein Entlastungsangebot in der Einrichtung gibt, ohne dass den Eltern das Pickerl des Versagens auf die Stirn geklebt wird. Wir sind jetzt in Woche sechs der Teilschließzeit und alle reif für eine schrittweis­e Wiederöffnung unter Einhaltung von wichtigen Hygienerichtlinien.“ In einigen Ganztageseinrichtungen für berufs­tätige Eltern sei knapp die Hälfte der Kinder wieder da, erklärt Marini.

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LR Beate Palfrader hat indes, wie in der TT berichtet, auch unterstrichen, dass Eltern von Krippen- und Kindergartenkindern ein generelles Recht auf Betreuung haben. Ein Schreiben ergeht demnächst. Zudem ist ab jetzt die schrittweis­e Öffnung greifbar.

Nur Hälfte der Eltern ist für die Öffnung

Die Wiederaufnahme des Schulbetriebs trotz Corona-Krise spaltet die Österreicher. Nur 53 Prozent der Eltern mit Kindern bis 14 Jahre begrüßen die von der Bundes­regierung am Freitag verkündete gestaffelte Öffnung der Schulen im Mai. Laut der von Unique Research für das profil durchgeführten Umfrag­e hätten es immerhin 41 Prozent der Eltern vorgezogen, wenn die Schulen wegen der Ansteckungsgefahr erst wieder im September aufgesperrt hätten.

Ein nahezu gleiches Bild zeigt sich in der Gesamtbevölkerung. 51 Prozent der Österreicher befürworten die Öffnung der Schulen im Mai, 37 Prozent hätten den Herbst bevorzugt.

Erst jüngst hatte eine Indes-Umfrage für die Arbeiterkammer ergeben, dass sich die Hälfte der Eltern beim Heimunterricht mit den Kindern sehr schwer tut. Für ebenso viele ist die daraus entstehende zeitliche Belastung ein Problem, ein Drittel berichtet deshalb von Konflikten. (TT, APA)

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