Kurz macht Mut zur Krisen-Bewältigung
75 Jahre Zweite Republik, und trotzdem wurde kaum gefeiert. Das Coronavirus hat auch dieses Jubiläum am Montag verdorben. Immerhin bemühten sich die Staatsspitzen bei den drastisch abgespeckten Feierlichkeiten darum, der Bevölkerung Optimismus zu vermitteln. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) machte den Österreichern Mut, dass Österreich „gestärkt“ aus der Krise hervorgehen werde.
Selbst das, was vom üblichen Jubiläumsprogramm übrig blieb, war ungewöhnlich. Denn bei der Kranzniederlegung am Äußeren Wiener Burgtor zunächst durch Kanzler und Vizekanzler und später durch den Bundespräsidenten war die Garde nur in Minimalvariante aufgetreten und das ausgestattet mit rot-weiß-rotem Mund/Nasen-Schutz, den auch die anwesenden Politiker angelegt hatten. Dazu erklang eine einsame Trompete.
Musikalisch versuchte man beim so genannten Festakt im Bundeskanzleramt der Tristesse zu begegnen. Ein Philharmoniker-Quartett spielte in einem eigenen Raum Beethoven auf, wenige Meter zur Seite sprach Kurz zum Volk und gestand gleich zu, dass das heutige Republiksjubiläum in eine Zeit der Krise falle, „in der uns allen nicht wirklich zum Feiern zumute“ sei.
Er erinnerte zugleich an verschiedene Krisen in der Zweiten Republik und sagte: „Aber wir sind als Österreich und als europäische Staatengemeinschaft aus all diesen Krisen gestärkt hervorgegangen. Und so wird es auch diesmal sein, da bin ich mir sicher.“
Kurz dankte allen, die den deutlichen Rückgang der Infektionszahlen möglich gemacht haben und ging auf die zahlreichen Probleme der Menschen und die Einschränkungen ein, um zu versprechen: „Genauso wie wir von Anfang an rasch und konsequent gehandelt haben, um das Virus einzudämmen, werden wir auch jetzt alles tun, um so bald wie möglich unsere Freiheit zurückzugewinnen.“
Zum 75. Jahrestag der Zweiten Republik „können wir mit Stolz auf unser Land blicken und dankbar sein für all das, was in unserer Republik bisher erreicht wurde. Aber wir können auch mit Mut und Zuversicht vorausblicken, auf all das, was wir gemeinsam noch erreichen können: Auf das Comeback für Österreich, an dem wir alle beteiligt sind.“
Begonnen hatte die Regierung den 75. Jahrestag der Errichtung der Zweiten Republik mit einer Kranzniederlegung am Äußeren Burgtor. Kurz und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) trugen wie alle anderen Beteiligten Mund-Nasen-Schutz, die Garde des Bundesheers war in Minimalbesetzung anwesend. Die Ehrenkompanie bestand in Zeiten des Social Distancing nur aus sechs Mann, die ihre Gewehre mit rot-weiß-roten Masken im Gesicht präsentierten. Die Militärmusik war durch einen einsamen Trompeter vertreten.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen warb in einer schriftlichen Stellungnahme um Geduld: „Wir alle wollen wieder in unser gewohntes Leben zurück. Und doch wissen wir, dass die Bekämpfung der Pandemie diesem Wunsch noch eine Weile entgegenstehen wird.“ Er sei zuversichtlich, dass man gemeinsam die Corona-Krise und ihre wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, bildungs- und sportbezogenen Folgen bewältigen werden könne - und das in einem europäischen Geist.
Der 27. April 1945, dessen am Montag gedacht wurde, markiere die Wiedergeburt der demokratischen Republik Österreich. „Nach Jahren der nationalsozialistischen Diktatur, nach Holocaust und Krieg wurde damit der Grundstein für die Erfolgsgeschichte der Zweiten Republik gelegt“, so Van der Bellen.
Die Opposition stimme milde Töne an. SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner erklärte, in Zeiten der Coronakrise brauche es Zusammenhalt und eine neue Solidarität. Ein starker Sozialstaat und ein funktionierendes, solidarisches Gesundheitssystem hätten sich bewährt. Beides müsse nun weiter gefestigt werden. NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger betonte, die Zukunft Österreichs müsse auf Freiheit, Frieden und Eigenverantwortung aufbauen. Auch Europa müsse gestärkt aus der Krise kommen. Düsterer ging es FPÖ-Obmann Norbert Hofer an, der die „liberale Demokratie“ in Gefahr sieht. Das Land müsse „endlich wieder hochgefahren“ werden, da sonst die „schlimmste Wirtschaftskrise seit den 30er-Jahren“ drohe.