Corona-Krise

Umfrage in Tiroler Firmen: Führungsstil in der Krise zu 43 Prozent verändert

Derzeit trennt sich gute von schlechter Führung: Durch die Umfrage wurde festgestellt, dass bei 50 Prozent der Führungskräfte sich die Leistung verbessert.
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Eine Umfrage unter Tiroler Firmen im Umgang mit der Corona-Krise liegt vor. Die Krise legt schonungslos offen, was funktioniert und was nicht. Knapp die Hälfte verbesserte Führungsleistung, gut 50 Prozent aber nicht.

Von Nina Zacke

Innsbruck – Wie gehen Tiroler Unternehmen im Personalmanagement mit der Coronakrise um? Wie agil sind die Betriebe? Und was musste in der Organisation, in der Führung und in den Teams verändert werden? Die Neugierde nach Antworten veranlasste das Innsbrucker Unternehmen Connect Competence zu einer Umfrage mit Tiroler und Vorarlberger Unternehmen aus allen Branchen, bis auf den Tourismus, die im Zeitraum von 7. bis 21. April 2020 durchgeführt wurde. „Ziel war es, ein Stimmungsbild zu ermitteln, was Betriebe in der Situation gelernt haben, was ihnen gelingt und was nicht, es ging uns dabei um Personal- und Organisationsfragen, nicht um Fragen der Finanzierung und Liquidität“, erklären die beiden Connect Competence-Geschäftsführer Christian Bauer und Ulrike Aigner. Die Ergebnisse der Umfrage liegen nun vor.

So lokalisierten mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen einen Veränderungsbedarf bezüglich ihrer Abläufe und Prozesse. 43 Prozent haben in der Krise eine Performanceverbesserung bei ihren Mitarbeitern erkannt. Zwei Drittel haben mit Home-Office gute bis sehr gute Erfahrungen gemacht. Ein Drittel der befragten Unternehmen jedoch nicht.

Aufschlussreich werden die Ergebnisse hinsichtlich des Führungsstils: 43 Prozent der Befragten gaben an, diesen in der Krise geändert zu haben. „Diese Zahl ist ja wirklich unglaublich. Die Unternehmen sind offensichtlich in der Lage, situativ zu führen. Man lässt partizipieren, aber ist schneller im Entscheiden“, sagt Bauer. Das führt er darauf zurück, dass keine „Blümchenkommunikation“ an den Tag gelegt wird. Führungskräfte hätten aufgrund von Übersensibilität nicht mehr gewusst, wie sie kommunizieren sollen. Es werde nicht mehr alles auf die Waagschale gelegt, das mache eine andere Führung aus. Nichtsdestotrotz bleiben rund ein Fünftel der Betriebe bei ihrem autoritären Führungsstil.

„Durch die Umfrage haben wir festgestellt, dass bei 50 Prozent der Führungskräfte die Führungsleistung nach oben geht“, sagt Bauer. „Es trennt sich derzeit ganz augenscheinlich gute von schlechter Führung und Betriebe erkennen, dass sich das Investment in gute Führung und Führungstrainings wirklich lohnt“, konkretisiert Aigner. Führen in der Schönwetterphase sei das Eine, aber Führen in dieser Phase habe eine andere Qualität, sagt sie.

Dass sich bei 50 Prozent der Betriebe die Führungsleistung verbessert habe, liege für die beiden Geschäftsführer in der Fokussierung. Das erste, wovon sich 74 Prozent der Befragten in der Krise befreit haben, war die „überbordende“ Anzahl an Meetings. Der Verzicht auf diese „Besprechungsunkultur“ machte Unternehmen mitunter effizienter, ist Bauer überzeugt. Führungskräfte fokussieren gerade auf das, was wirklich wichtig sei. „Für diejenigen, die es jetzt noch nicht hinbekommen haben, besteht in der Führungsqualität viel Luft nach oben, um es nett zu formulieren“, bemängelt der studierte Jurist. Klar sei, dass Firmen teilweise eine Entschlackungskur benötigen. Die Krise schaffe den Fokus dahingehend, unnötige bzw. suboptimale Abläufe zu prüfen und zu eliminieren, was teilweise schon passiert sei, so Aigner. Fast 70 Prozent der teilnehmenden Betriebe sehen hier Verbesserungsbedarf.

74 Prozent der befragten Firmen haben als Erstes in der Krisenzeit die Zahl der Meetings deutlich reduziert.
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Was die beiden überrascht habe, war die Dynamik, wie schnell in Organisationen teilweise gehandelt wurde. Der Grund dafür sei ganz simpel: Die Krise habe schonungslos transparent gemacht, was funktioniere und was nicht, wo Lücken bestehen und Fehler herrschen. „Dadurch ist es jetzt sichtbar geworden, man kann es sich nicht mehr schönreden“, meint Bauer. Wenn der überwiegende Teil der Unternehmen sage, dass derzeit Dinge möglich werden, über die man ewig diskutiert habe und nicht vom Fleck gekommen sei, dann verstehe man, welche Dynamik dahinterstecke. Das sehe man vor allem bei Großbetrieben, die viel starrere Strukturen haben, als etwa kleinere, agilere Unternehmen, untermauert der Experte für Personal und Organisation.

Die Krise ist und bleibt eine Krise. Unternehmen versuchen der Krise nunmehr einen unternehmerischen Sinn zu geben, indem sie die Learnings aus dieser Zeit zu nutzen versuchen. Aber: Nicht der einzelne Betrieb werde gestärkt hervorgehen, sondern Unternehmen werden sich weltweit besser aufstellen, sagt Bauer. Das heißt, die Notwendigkeit, daraus zu lernen, sollte für alle Betriebe oberste Priorität haben, schon alleine deshalb, weil es auch die Konkurrenz tue. Wenn 65 Prozent der befragten Unternehmen also die Umsetzung der Learnings als wichtigste Aufgabe der Post-Corona-Zeit sehen und man zu den restlichen 35 Prozent gehöre, werde man danach noch ein anderes Problem haben, konkretisiert der Geschäftsführer.

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