Pädagoginnen befürchten Systemüberlastung in Kindergärten
Während die Schulen stufenweise wieder ihren Präsenzbetrieb aufnehmen, müssen die Kindergärten seit dieser Woche jedes Kind, dessen Eltern Bedarf melden, betreuen. Gleichzeitig wird appelliert, die Kinder wenn möglich noch daheim zu betreuen. Jetzt könne man nur hoffen, dass die Eltern sich so entscheiden, dass das System nicht übelastet wird, erklärte Raphaela Keller vom Berufsverband ÖDKH.
„Es soll kleine Gruppen geben. Aber wie soll das gehen, wenn alle auf einmal kommen können?“, fragt die Sprecherin des Österreichischen Berufsverbands der Kindergarten- und HortpädagogInnen im Gespräch mit der APA. Es gebe dafür zu wenige Pädagoginnen und auch nicht überall die räumlichen Voraussetzungen. Auch ein Ausweichen ins Freie sei nicht überall eine Option, da nicht alle Kindergärten Grünflächen direkt bei den Einrichtungen hätten.
„Wir hätten uns einen klaren Plan gewünscht“, so Keller. „Wir befürchten, dass jetzt alle auf einmal kommen. Nachdem jetzt alles wieder aufgemacht wird, liegt das auf der Hand. Auf der anderen Seite wissen wir, dass viele Eltern Angst haben, dass sich die Kinder anstecken könnten und das heimbringen. Es ist noch wackelig, wie das ausgeht.“
Für die Leitungen werde es eine „wahnsinnige logistische Herausforderung“, die Gruppen so zu organisieren, dass nicht zu viele Kinder darin sind. Gleichzeitig soll die Betreuung in gleichbleibenden Teams erfolgen, es keine Durchmischung zwischen den Gruppen geben und keine Sammelgruppen gemacht werden.
Keller vermisst auch einheitliche Handlungsempfehlungen, deren Umsetzung dann die Kindergärten je nach örtliche Gegebenheiten autonom umsetzen können. Keller hätte gerne klare Angaben, wie viele Kinder es in einer Kleingruppe maximal geben soll. In Wien etwa wären bereits 18 Kinder eine kleine Gruppe, am Land sehe das ganz anders aus. „Ich würde mir klare Vorgaben wünschen, was aus wissenschaftlicher Sicht jetzt wichtig wäre, um das Infektionsrisiko gering zu halten.“
Im Erlass des Bildungsministeriums bzw. den darauf basierenden Verordnungen der Länder ist lediglich davon die Rede, dass die Kindergartenleitung Vorsorgemaßnahmen an den Einrichtungen in die Wege zu leiten haben. Darüber hinaus verweisen die Länder auch auf das „Hygienehandbuch“ des Bildungsministeriums für elementarpädagogische Bildungsreinrichtungen und Schulen, in dem allerdings gleich zu Beginn auf die beschränkte Anwendbarkeit für Kindergärten hingewiesen wird. Mund-Nasen-Schutz soll etwa nur zum Einsatz kommen, wenn dadurch die Kinder nicht irritiert werden.
Wie ein Rundruf der APA zeigt, haben diverse Länder aber noch zusätzliche Empfehlungen gegeben. Generell angeraten wird das Vermeiden von Stauungen beim Eintreffen und Abholen der Kinder, das Führen nicht näher definierter Kleingruppen, verstärkte Reinigung von Räumlichkeiten und Gegenständen sowie das Einhalten der allgemeinen Hygieneregeln zur Eindämmung des Coronavirus (Abstandhalten wo möglich, regelmäßiges Lüften, häufiges Händewaschen, Hustenetikette).
Die steirische Bildungslandesrätin Christiane Bogner-Strauß (ÖVP) will „spätestens nächste Woche“ einen Stufenplan für die Öffnung der Kindergärten vorlegen. In Kärnten soll es wie bei den Schulen, wo möglich, einen Schichtbetrieb geben, auch im Burgenland wird das vorgeschlagen. Auch Essen oder die Nutzung der Waschräume sollen in Kärnten gestaffelt erfolgen. In Tirol gibt keine fixe Obergrenze der Personen pro Raum, es soll aber das Halten von mindestens einem Meter Abstand möglich sein. Relativ genau sind die schon länger vorliegenden Empfehlungen der Stadt Wien, dafür seien sie teilweise praxisfremd, kritisiert Keller. Den Hinweis, dass jedes Kind seinen eigenen Trinkbecher oder Schnuller benutzen soll, hätte man sich etwa sparen können. „Das war schon immer so.“