Tirol

Zu wenig Krebs-Vorsorge: Früherkennung geht in Corona-Krise zurück

Bei der Krebs-Früherkennung kann jeder Tag zählen. Die Ärzte appellieren an die Menschen, wieder zur Vorsorge und zu Kontrollen zu gehen.
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Aufgrund der Corona-Pandemie sind an der Uniklinik die Krebs-Erstdiagnosen um zwei Drittel gesunken. Die Ärzte mahnen, dringend wieder zur Vorsorge zu gehen.

Von Susann Frank

Innsbruck –In der Hochzeit der Corona-Virus-Verbreitung erfolgten keine Vorsorgeuntersuchungen, Patienten scheuten den Gang zum Arzt aus Angst vor Ansteckung, einige Praxen waren geschlossen und im Krankenhaus wurden nur als dringlich eingestufte Operationen und Behandlungen durchgeführt. Manche Krebsdiagnose könnte später gestellt werden. Werden dadurch mehr Menschen an Krebs sterben?

1. Sterblichkeitsrate nach Shutdown.

„Von mehr Todesfällen durch Krebs gehe ich in Tirol nicht aus“, sagt Ewald Wöll, Vizepräsident der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie. Der Chef der Inneren Medizin am Krankenhaus Zams begründet dies in mehreren Punkten: „Der Zeitraum, in dem bestimmte Untersuchungen ausfielen, war zu kurz. Zudem wurden in Österreich, und auch bei uns in Zams, schwere Fälle als dringlich eingestuft und keine notwendigen Operationen verschoben.“ Auch die Chemo- und Immuntherapien seien problemlos durchgeführt worden, obwohl Zams im Epizentrum lag. „Wir hatten uns schon im Jänner Gedanken gemacht und haben die onkologische Tagesklinik in den Vorbau der Klinik verlegt.“ Auch an der Uniklinik Innsbruck wurden alle dringlichen Krebspatienten behandelt und operiert.

2. Ängste der Patienten.

Wöll erklärt, dass die Ärzte in Zams persönlich aktiv geworden wären, indem sie Krebspatienten, deren Kontrollen verschoben werden mussten, kontaktiert hätten. Patienten, die mit Immunsuppressiva behandelt wurden (Medikamente, die das Immunsystem schwächen), hätten sie im persönlichen Gespräch aufgeklärt. Dass es einen vermehrten Aufklärungsbedarf gab, bestätigen auch Dominik Wolf, Chef der Hämatologie und Onkologie an der Uniklinik Innsbruck, und sein Kollege Christian Marth, Chef der Gynäkologie und Geburtshilfe: „Die Angst, weil sie bezüglich des Corona-Virus Risikopatienten sind, war überall spürbar. Wir hatten viele Anrufe auch von Angehörigen.“ Besonders groß war die Befürchtung, sich im Zuge eines Klinikaufenthaltes anzustecken. „Doch diese Angst konnten und können wir nehmen. Kein Patient hat sich in der Klinik angesteckt“, betont Wolf mit Nachdruck. Die Furcht davor – der Gang zum Arzt zählt ebenfalls dazu – schlägt sich nach den vergangenen sechs Wochen schon in alarmierenden Zahlen nieder. Marth: „Die Erstdiagnosen sind im Vergleich mit demselben Zeitraum im Vorjahr um zwei Drittel zurückgegangen. Das ist beträchtlich.“ Diese Entwicklung beunruhigt die Mediziner.

3. Lebenswichtige Vorsorgen und Kontrollen.

Aus oben dem genannten Grund appellieren alle Abteilungschefs, unbedingt für Vorsorgeuntersuchungen, die jetzt wieder möglich seien, sofort Termine zu vereinbaren. „Die Vorsorge ist essenziell. Und auch, wer typische Symptome wie Knoten, Nachtschweiß oder ungeklärten Gewichtsverlust spürt, muss sofort ärztlich untersucht werden“, mahnt Wolf. Marth fügt an: „Wir haben in der Klinik-Ambulanz explizite Terminfenster für Patienten mit Neudiagnosen geschaffen, damit keiner warten muss.“ Auch in Zams werden wieder Termine vergeben. Jeder Tag zähle bei der Früherkennung, betont Wolf noch einmal, schließlich würden weltweit fast zehn Millionen Menschen jährlich an Krebs sterben. Das Corona-Virus forderte bisher an die 210.000 Todesopfer.

4. Drastische Einbrüche, vermehrte Nachfrage.

Die Drähte aller 63 besetzten Stellen der Österreichischen Krebshilfe liefen zuletzt heiß. Die Mitarbeiter leisteten auch psychologischen Beistand. „Die Nachfrage nach der finanziellen Soforthilfe hat leider zugenommen“, erklärt Österreichs Geschäftsführerin Doris Kiefhaber. Krebspatienten hätten ebenfalls ihre Arbeit verloren und könnten sich zum Beispiel die tägliche Fahrt zum Krankenhaus nicht mehr leisten. Marth, Präsident der Tiroler Krebshilfe, kennt die Entwicklung. Das Bittere daran: Der Verein finanziert sich aus Spendengeldern und diese würden „drastisch einbrechen. Unsere Straßensammlung durch Schulkinder fällt derzeit aus. Zudem sind alle Veranstaltungen abgesagt, bei denen wir Spenden akquirieren. Das ist ein großes Problem.“

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