Wifo: Bis zu 44% weniger Nächtigungen, Grüne fordern nachhaltigen Tourismus
Sommersaison droht Minus von 74 %, heuer bis zu 20 Millionen weniger Nächtigungen. Grüne für nachhaltigen Tourismus in Konjunkturpaket.
Von Max Strozzi
Wien – Obwohl die Hotels am 29. Mai wieder öffnen können, wird Tirols Tourismus heuer noch ganz massiv von den Folgen der Corona-Maßnahmen betroffen sein. In einer aktuellen Analyse, die der TT vorliegt, rechnet das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo für das Kalenderjahr 2020 je nach Szenario mit einem Nächtigungsrückgang von bis zu 44 Prozent. Das würde bedeuten: Statt fast 50 Millionen Nächtigungen wie 2019 käme Tirols Tourismus heuer lediglich auf rund 27,8 Millionen Nächtigungen. Im günstigsten der sechs vom Wifo skizzierten Szenarien verliert Tirols Tourismus heuer rund ein Drittel der Nächtigungen, was immer noch einem Verlust von etwa 15 Millionen Übernachtungen entspricht. Alleine für die Sommersaison geht das Wifo für Tirol von einem Nächtigungsminus zwischen 50 % und 73,5 % aus.
Wesentliche Frage ist, ob und wann sich die Grenzen aus dem Ausland und vor allem aus Deutschland öffnen. „Es schaut derzeit nicht so aus, als würden Ausländer bei uns urlauben können“, sagt Oliver Fritz vom Wifo. Er geht davon aus, dass der Tourismus das ganze restliche Jahr hinweg nicht mehr an das Vorjahresniveau anschließen können wird. Wie stark der Rückgang ausfällt, hänge „unglaublich stark vom Inlandstourismus ab“. Österreicher sorgen im Sommer in der Regel im Ausland für 70 Millionen Nächtigungen. „Dieses Potenzial kann der heimische Tourismus anzapfen. Es ist aber unglaublich unsicher, wie viele Leute tatsächlich Urlaub machen wollen.“ Um die Inlandsnachfrage anzukurbeln, sei es sogar denkbar, den Steuersatz auf Nächtigungen auf null zu setzen.
Die grüne Tourismussprecherin Barbara Neßler warnt beim Tourismus-Neustart vor Dumpingpreisen und will nachhaltigen Tourismus im Konjunkturpaket verankern sowie den kleinstrukturierten Tourismus stärken. „Dass ausländische Großinvestoren Hotels zusammenkaufen oder Chaletdörfer bauen, ist keine Neuigkeit. Aber gerade nach der Krise kann diese Praxis Existenzen zerstören“, so Neßler. „Insbesondere die familiengeführten Traditionsbetriebe werden die daraus resultierenden Dumpingpreise teuer zu stehen kommen.“ Man werde im Konjunkturpaket besonders auch den Tourismus berücksichtigen müssen und Maßnahmen zur Stärkung der Nachfrage setzen: „Vor allem auch den kleinteiligen Tourismus, wie die familiären Hotels oder das Gasthaus ums Eck, müssen wir fördern, um Gerechtigkeit in der Branche zu schaffen.“