Regierung setzt Priorität auf Wachstum durch Steuerentlastung
Kurz und Kogler setzen jetzt ihren Fokus auf die Ankurbelung der Wirtschaft. Zugleich verteidigt die Regierungsspitze ihre bisherige Krisen-Strategie.
Von Michael Sprenger
Wien – In den vergangenen Wochen waren die Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus im Mittelpunkt der Regierungspressekonferenzen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sprach in Richtung Bevölkerung immerzu von der „neuen Normalität“, mit der man sich vorerst abfinden sollte. Diese Wortbildung dürfte nun nicht mehr so zum Einsatz kommen. In seiner Rede zum 75. Jahrestag der Gründung der Zweiten Republik sprach er vom „Comeback für Österreich“. Dieses Begrifflichkeit nützte er auch gestern, als er gemeinsam mit Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) auf den Fokus der Ankurbelung der Wirtschaft setzte.
Die drei von Kurz genannten Punkte sind eine „rasche“ Steuerentlastung für arbeitende Menschen, Steuerentlastungen für die Wirtschaft sowie Investitionen in den Klimaschutz, die Digitalisierung und die Regionalisierung.
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Details wurden keine genannt, diese sollen erst ausgearbeitet werden. Bis wann, ließ Kurz offen. Aber die Maßnahmen aus dem Regierungsprogramm sollen umgesetzt und soweit sie konjunkturbelebend sind, eher vorgezogen werden, versicherte Kurz.
Allgemein wird angenommen, dass für die unteren Einkommen die Steuerentlastung (sie ist für 2021 geplant) nunmehr vorgezogen werden könnte.
Für Kogler ist die Regionalisierung „ein wirklich neuer gemeinsamer Schwerpunkt“. Wenn in Europa einige Produktionen gehalten oder neu aufgebaut werden sollen, müsse Österreich vorne mit dabei sein. Österreich habe eine „im internationalen Vergleich hervorragend aufgestellte Landwirtschaft“, man könne regionale Produkte begünstigen und andere entsprechend ihrem CO²-Ausstoß „benachteiligen im besten Sinne“.
Im Hinblick auf die Steuerentlastungen sagte IHS-Chef Martin Kocher, es spreche vieles dafür, vorerst an den Plänen aus dem Regierungsprogramm festzuhalten und Maßnahmen nicht zu rasch vorzuziehen, weil vieles noch schwer einzuschätzen sei.
Kurz und Kogler versuchen zudem Vorwürfe zurückweisen, wonach die Regierung in der Corona-Krise bewusst Ängste geschürt habe. „Unsere Strategie war immer klar, da immer verantwortungsvoll zu agieren“, sagte Kurz.
📽 Video | Kurz: "Wollen Menschen in Beschäftigung halten"
Auf die Frage, in wessen Auftrag das Expertenpapier von Ende März erstellt wurde, in dem von bis zu 120.000 möglichen Toten die Rede war, und inwieweit das Mit-Entscheidungsgrundlage für das Handeln der Regierung gewesen ist, blieb Kurz vage. „Es gab unzählige Experten, nicht jedes hat jemand in Auftrag gegeben.“ Manche Papiere „kenne ich, manche nicht“. Es hätten unter Experten „unterschiedliche Einschätzungen“ bestanden. „Manche Experten tun das im Auftrag oder auf Bitte der Regierung hin – oder einfach so, weil das ihr Job ist. Die Aufgabe der Politik ist es, das alles zusammenzuführen“, so der Kanzler.