Deutschland verbietet Hisbollah und führt Razzien durch
Die Hisbollah muss ihre Aktivitäten in Deutschland einstellen. Der deutsche Innenminister Horst Seehofer sprach am Donnerstag ein Betätigungsverbot für die schiitische Islamistenvereinigung aus. Polizisten durchsuchten in der Früh vier Moscheen und Vereine in Berlin, Bremen, Münster und Dortmund, die der Bewegung zugerechnet werden.
Der vor allem vom Libanon aus operierenden Organisation wird vorgeworfen, mit Gewalt und Anschlägen gegen Israel vorzugehen, dessen Existenzrecht sie abstreitet. Israel begrüßte deshalb das Verbot. Es sei eine „sehr wichtige Entscheidung“ und ein „wichtiger und bedeutender Schritt im weltweiten Kampf gegen den Terrorismus“, erklärte der israelische Außenminister Israel Katz am Donnerstag. Er sei der deutschen Regierung für diese Maßnahme „zutiefst dankbar“.
Die Hisbollah hat in Deutschland offiziell keinen Ableger. Ihre Anhänger halten dennoch untereinander Kontakt. Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden nutzt die vom Verfassungsschutz als „terroristische Vereinigung“ eingestufte Gruppierung Deutschland vor allem als Rückzugsraum und zum Sammeln von Spenden.
Das deutsche Parlament hatte die Regierung zuvor aufgefordert, ein Betätigungsverbot für die Hisbollah zu erlassen. Ein entsprechender Antrag wurde im Dezember mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP beschlossen. AfD, Linke und Grüne enthielten sich.
Das Betätigungsverbot bedeutet aus Sicht des Ministeriums auch, dass Kennzeichen der Hisbollah nicht mehr gezeigt werden dürfen. Das Symbol der Gruppe ist ein grüner Schriftzug auf gelbem Grund mit einer Hand, die ein Sturmgewehr hält. Außerdem kann Vermögen eingezogen werden. Versammlungen von Hisbollah-Anhängern sind nunmehr verboten. Mit Anschlägen in Deutschland oder Auswirkungen auf deutsche Interessen im Libanon als Folge der Verbotsverfügung rechnet die Regierung nicht.
Israel, Saudi-Arabien und die USA fordern seit Jahren, dass Deutschland nicht nur den militärischen, sondern auch den politischen Arm der von der Islamischen Republik Iran unterstützten Bewegung wie eine Terrorgruppe behandelt. Die Hisbollah (arabisch für „Partei Gottes“) erkennt das Existenzrecht Israels nicht an und ruft zum bewaffneten Kampf gegen den jüdischen Staat auf - auch mit terroristischen Mitteln. Im Libanon ist die Hisbollah an der Regierung beteiligt.
In Österreich steht der militärische Arm der Hisbollah auf der Terrorliste, nicht aber der politische Teil der Organisation. Die NEOS forderten im Dezember des Vorjahres in einem Entschließungsantrag die Regierung auf, die gesamte Hisbollah als terroristische Organisation einzustufen und sich auf EU-Ebene für den gleichen Schritt einzusetzen. Auch die EU ächtet bisher nur den militärischen Teil. Die Niederlande stufen wie die USA, Kanada und Großbritannien aber die Organisation in ihrer Gesamtheit als terroristisch ein.
Die Sicherheitsbehörden rechnen in Deutschland bis zu 1.050 Menschen dem „extremistischen Personenpotenzial“ der Hisbollah zu. Die Angehörigen der Organisation und ihre Sympathisanten treffen sich in einzelnen Moschee-Vereinen. Sie schotten sich nach Beobachtungen der Behörden dabei oft ab und verhalten sich konspirativ, um nicht aufzufallen.
In der Verbotsverfügung heißt es: „Zum Teil bekunden die Anhänger der Organisation jedoch auch offen ihre Anhängerschaft auf Internetseiten und in sozialen Medien.“ Die Ideologie der Hisbollah richtet sich nach Einschätzung der deutschen Behörden gegen den Gedanken der Völkerverständigung.
Die 1982 im Libanon gegründete Bewegung wird für zahlreiche Anschläge gegen Israel verantwortlich gemacht. In Deutschland war bisher wie in den meisten anderen EU-Staaten nur der militärische Arm verboten, der politische Arm dagegen erlaubt. Die EU hatte den militärischen Teil 2013 auf die Terrorliste gesetzt.