Juristen haben keine Bedenken gegenüber Epidemiegesetz
Die Änderung des Epidemiegesetzes infolge der Coronakrise ist nach Ansicht mehrerer Juristen verfassungskonform. Das Gesundheitsministerium hatte nach dem Nationalrat die Expertise von Juristen und NGOs eingeholt. Der Tenor: Die Bestimmungen, unter welchen Voraussetzungen Veranstaltungen oder Demonstrationen künftig stattfinden dürfen, stellten eine Verbesserung des Gesetzes dar.
Der Nationalrat hatte mit den Stimmen der Regierungsfraktionen ÖVP und Grüne am Dienstag Änderungen des Epidemiegesetzes beschlossen. Die Opposition ging bei diesem Vorhaben nicht mit. Die Novelle legt fest, unter welchen Voraussetzungen - etwa Abstandregeln oder Mund/Nasen-Schutz-Pflicht - Veranstaltungen oder Demonstrationen künftig stattfinden dürfen. Auch bestimmte Personengruppen können ausgeschlossen werden.
Lautstarke Kritik war vor allem von der SPÖ gekommen. Das Gesetz beinhalte schwerwiegende Eingriffe in die Versammlungsfreiheit und sei somit verfassungswidrig, hatte deren Vizeklubchef Jörg Leichtfried am Tag vor der Abstimmung gewarnt. Es handle sich um ein „verpfuschtes Gesetz“. Um die Kritik zu entkräften, holte sich das Gesundheitsministerium nun die Expertise mehrerer Rechtswissenschafter ein, die der APA vorliegt.
„Insgesamt stellt die Neufassung in rechtsstaatlicher und grundrechtlicher Hinsicht einen erheblichen Fortschritt zur geltenden Fassung dar“, meint darin der Verfassungsrechtler Heinz Mayer. Die Novellierung entspreche den verfassungsrechtlichen Erfordernissen, schreibt sein Kollege Bernd-Christian Funk. Auf Bewegungsfreiheit, Privatleben, freie Religionsausübung, Meinungsfreiheit, Vereins- und Versammlungsfreiheit werde Rücksicht genommen.
Auch der ehemalige Präsident des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs, Clemens Jabloner, zeigt sich „grundsätzlich zustimmend und einverstanden“. Christian Kopetzki, Leiter der Abteilung für Medizinrecht an der Uni Wien, befindet in seiner Stellungnahme: „Gegen die beschlossene Fassung des Paragrafen 15 Epidemiegesetz habe ich keine Einwände, weder aus rechtspolitischer noch aus verfassungsrechtlicher Sicht.“
Christiane Wendehorst, Professorin für Zivilrecht an der Uni Wien, hält die Neufassung ebenfalls für „inhaltlich begrüßenswert und der Klarheit jedenfalls dienlich“. Ganz im Sinne des Verhältnismäßigkeitsprinzips werde nun eindeutig zum Ausdruck gebracht, „dass Maßnahmen, die im Vergleich zur Untersagung das mildere Mittel darstellen“. „Verfassungsrechtlich unbedenklich“ ist die Regelung auch für Andreas Janko und Michael Mayrhofer von der Johannes-Kepler-Universität.
Zustimmung kommt auch von Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International Österreich. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Diskriminierungsverbot seien berücksichtigt worden, meint er. Statt einem Totalverbot gebe es nun eine Regelung, die Versammlungen und Veranstaltungen, wenn auch unter Auflagen, ermöglicht. „Eine begrüßenswerte Verbesserung! Wir fordern außerdem eine verhältnismäßige Umsetzung durch die Behörden.“