Deutschland dringt im Ukraine-Konflikt auf neue Waffenruhe

Für eine friedliche Lösung des Ukraine-Konflikts hat Deutschlands Außenminister Heiko Maas seine Kollegen in Moskau und Kiew per Video zu größeren Anstrengungen aufgerufen. Maas schaltete sich am Donnerstag mit Russlands Chefdiplomaten Sergej Lawrow und dem ukrainischen Minister Dmitri Kuleba zusammen, weil es trotz Absprache beim Gipfel von Paris im Dezember immer noch keine neue Waffenruhe gebe.

Auch die Corona-Krise dürfe keine Entschuldigung für fehlende Fortschritte in dem blutigen Konflikt im Osten der Ukraine sein, sagte Maas nach dem Gespräch, an dem auch Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian teilnahm. Es war das erste Gespräch dieser Art seit zwei Jahren - diesmal als Videokonferenz wegen des Virus.

„Die Leidtragenden sind die Menschen vor Ort“, sagte Maas mit Blick auf die Gebiete Donezk und Luhansk. Nötig sei ein dauerhafter Waffenstillstand. Einigkeit sei darüber erzielt worden, dass das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) Zugang zu den Konfliktgebieten bekommen solle. Das sei erfreulich. „Die Corona-Pandemie sollte eigentlich ein Weckruf sein, jetzt noch schneller zu Lösungen zu kommen.“ In etwa einem Monat sei ein weiteres Gespräch der Außenminister geplant.

Ein Termin für einen neuen Gipfel von Kanzlerin Angela Merkel mit den Präsidenten Russlands, der Ukraine und Frankreichs ist aber nicht in Sicht. Der war eigentlich nach dem Pariser Gipfel noch für April geplant gewesen. Aber weil Fortschritte in dem Konflikt fehlen, gilt die Zeit als noch nicht reif dafür.

Die meisten Vereinbarungen von Paris, das machte auch Russlands Außenminister Lawrow deutlich, sind bis heute nicht umgesetzt. Er forderte die ukrainische Regierung und die Separatistenführungen auf, mehr Anstrengungen für eine Lösung des Konflikts zu unternehmen. Klar war für den Russen aber auch, dass die Ukraine der Bremsklotz sei. Der ukrainische Präsident Wolodomyr Selenskyj habe schon in Paris unter „bestimmtem Druck“ nicht mitgemacht beim kompletten Abzug des Militärs, sagte Lawrow mit Blick auf die ukrainischen Nationalisten.

„Wir hätten sonst jetzt wahrscheinlich schon etwas andere Ergebnisse“, meinte er. Zudem kritisierte Lawrow, dass die Führung in Kiew weiter Gespräche mit Luhansk und Donezk ablehne. „Aber eben dieser direkte Dialog ist nötig, um alle rechtlichen Aspekte des Sonderstatus zu vereinbaren.“ Lawrow forderte zudem erneut ein Ende der ukrainischen Wirtschaftsblockade gegen die Regionen Luhansk und Donezk.

Die Ukraine tut sich schwer mit dem Sonderstatus und mit Verhandlungen mit den Separatisten. Der ukrainische Minister Kuleba sprach zwar von einer konstruktiven Atmosphäre bei der Videokonferenz. Er machte aber auch deutlich, dass er Russland als Aggressor sieht und die Führungen in Donezk und Luhansk für illegal hält. Dagegen sagte der Unterhändler Rodion Miroschnik von den Luhansker Separatisten, dass Kiew Vereinbarungen zum Waffenstillstand nur imitiere. Eine dauerhafte Waffenruhe sei etwa durch die Veröffentlichung zugehöriger Befehle möglich.

Russland steht im Ruf, die Separatisten mit Waffen zu versorgen für ihren Kampf gegen ukrainische Regierungstruppen. Lawrow wies das zurück. „Russische Waffen sind überall auf der Welt erhältlich“, meinte er bei der Videokonferenz mit Journalisten auf die Frage zur Herkunft der Waffen. Russland sieht sich in dem Krieg seit jeher lediglich als Vermittler und nicht als Konfliktpartei.

Dagegen rief Maas mit Blick auf die Pariser Beschlüsse die Ukraine und Russland noch einmal auf, neue Übergänge entlang der Kontaktlinie zwischen den Konfliktparteien zu schaffen. Nötig seien ebenfalls die Minenräumungen und die Fortsetzung des Gefangenaustausches. „Deshalb liegt der Ball im Feld Russlands und der Ukraine gleichermaßen“, sagte der Minister. Zu der Übereinkunft von Paris zählte auch die Festlegung von drei neuen Frontabschnitten für einen Truppenabzug.

Von den Pariser Vereinbarungen wurden bisher nur zwei Gefangenenaustausch-Aktionen zwischen Kiew und den abtrünnigen Gebieten Donezk und Luhansk vollzogen. Bei dem mit deutscher und französischer Hilfe entstandenen Friedensplan hatte es immer wieder Rückschläge gegeben. Seit 2014 kämpfen in den Gebieten Donezk und Luhansk Truppen der Regierung gegen von Russland unterstützte Separatisten. Nach UN-Schätzungen sind seitdem rund 13.200 Menschen getötet worden.

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