Politischer Aktionismus am Rathausplatz am 1. Mai ohne SPÖ

Der 1. Mai wird heuer im Zeichen der Corona-Pandemie und des dadurch ausgelösten Rekordstands an Arbeitslosen. Der Wiener Rathausplatz bot ein völlig anders Bild als sonst: Er war so gut wie leer. Die SPÖ hat ihre Kundgebung virusbedingt abgesagt und feiert via TV-Produktion. Die Lücke nutzten andere Proponenten - aus höchst unterschiedlichen politischen Lagern - für Aktionismus am Rathausplatz.

Die Sozialdemokratie war zumindest mit einigen Plakaten präsent, auf denen groß „Freundschaft“ zu lesen war, flankiert von überdimensionalen Pappnelken. Rote Fahnen waren aber auch ganz in echt zu sehen. Die linke Initiative „Selbstbestimmtes Österreich“ hielt nämlich ab 10.00 Uhr eine kleine Kundgebung ab - genau dort, wo ansonsten die sozialdemokratischen Spitzenfunktionäre am 1. Mai ihre Reden halten.

Tribüne war jedoch keine aufgebaut, man begnügte sich mit Lautsprecher und Mikrofon. Am Asphalt waren mit Kreide Sterne aufgemalt worden. Das war keinesfalls nur eine politische Botschaft, sondern eine Notwendigkeit. Sie markierten den nötigen Abstand, denn die Ein-Meter-Coronavirus-Regel gilt auch für Demonstrationen.

Die SPÖ bietet anstelle der Maikundgebung am Wiener Rathausplatz eine Fernsehproduktion. Die im Karl-Marx-Hof gedrehte Mai-Show ist ab 10.30 Uhr auf dem Stadtsender W24, auf oe24.tv und Puls24 sowie im Internet zu sehen. FPÖ, NEOS und KPÖ begehen den 1. Mai heuer ebenfalls online mit Videoprojekten. Die ÖVP verzichtet auf ihre übliche „Tag der Arbeit“-Aktion, die Grünen haben sich - wie üblich schon am 30. April - nur digital zu Wort gemeldet.

Die FPÖ wiederum hat ein Video am Platz gedreht. Der geschäftsführende Obmann der Wiener Blauen, Dominik Nepp, begrüßte darin die Absage der traditionellen Maikundgebung und höhnte über „sozialistische Bonzen“, die sich sonst am Rathausplatz „abfeiern“ lassen. Allerdings wurde auch der Bund - konkret das Vorgehen bei den Virus-Gesetzgebungen - ins Visier genommen.

Einige kapitalismus- und regierungskritische Gruppierungen wollten aber auch in Zeiten der Pandemie nicht auf 1. Mai-Demos verzichten. In Wien wurden 15 Versammlungen angemeldet. Die Polizei wird die Einhaltung der Sicherheitsregeln - Maske und Abstand - überwachen, die Verantwortung dafür tragen die Veranstalter. Die größte Ansammlung - mehr als 500 Menschen - erwartet die Polizei bei der Schlusskundgebung der „mayday“-Demonstration am Abend am Rathausplatz.

Einige Werktätige bekamen Besuch von Regierungsmitgliedern. Türkise und grüne Minister und Ministerinnen waren über Österreich verstreut unterwegs, um sich bei Mitarbeitern der Lebensmittel- oder Stromversorgung, in Verkehrsbetrieben, bei Polizisten, Richtern, Justizwache, Pflegerinnen bis hin zu Tierbetreuern zu bedanken.

„Sie leisten in dieser Corona-Krise Großartiges“, attestierte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) den Polizisten - bei der Corona-Krisenstabs-Sitzung und einem persönlichen Besuch bei der Einheit in der Rossauer-Kaserne, die für die angemeldeten 1. Mai-Demos im Dienst war. Schon am Donnerstag hatte er via Funkspruch allen Polizisten die Wertschätzung der Regierung für ihren Einsatz in der herausfordernden Covid-19-Zeit übermittelt.

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) würdigte die Arbeit der Mitarbeiter im Tierpark Schönbrunn und besuchte Bäckereien in Klosterneuburg. In Graz bekam die Belegschaft des Flughafen Linz samt dortiger Grenzpolizeiinspektion und ÖAMTC-Flugrettung Besuch von Arbeitsministerin Christine Aschbacher und Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (beide ÖVP).

Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) bedankte sich - mit einem Besuch eines Gemüseanbaubetriebs - bei den Lebensmittelproduzenten. Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) würdigte im Betreuungszentrum Himberg den „außerordentlichen Einsatz“ der - vorwiegend weiblichen - in der Pflege Tätigen. In den Illwerken VWK Bregenz dankte Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP) für den permanenten Einsatz der Mitarbeiter in der kritischen Infrastruktur.

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) bedankte sich persönlich bei den am Feiertag tätigen Hotline- und Bereitschaftsdienst-Mitarbeiter im Außenamt. Justizministerin Alma Zadic (Grüne) brachte den Mitarbeitern am Landesgericht Wien und der Justizanstalt Josefstadt ein 1. Mai-Frühstück.

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