Schlagzeuger-Legende Tony Allen gestorben

Die Schlagzeuger-Legende Tony Allen ist tot. Der nigerianische Musiker, Mitbegründer des Afrobeat, sei am Donnerstag mit 79 Jahren in Paris gestorben, sagte sein Manager Eric Trosset. Die Todesursache sei unklar, Allen sei aber nicht an einer Infektion mit dem Coronavirus gestorben. „Er war völlig gesund, das kam ganz plötzlich“, meinte sein Manager.

Er habe am Mittag noch mit Allen gesprochen, zwei Stunden später habe der Musiker sich unwohl gefühlt und sei ins Krankenhaus Pompidou gebracht worden, wo er gestorben sei, so Trosset. Der Musiker lebte in Courbevoie bei Paris.

Allen war in den 1960er und 1970er Jahren der Schlagzeuger und musikalische Direktor seines Landsmannes Fela Kuti, mit dem er den Afrobeat entwickelte. Dieser verbindet Genres wie Jazz, Funk und traditionelle nigerianische Trommelrhythmen und wurde zu einer der wichtigsten Strömungen afrikanischer Musik im 20. Jahrhundert.

Sein Markenzeichen war ein fast schwereloses und zugleich enorm treibendes Schlagzeugspiel, mit dem er den von ihm miterfundenen Musikstil Afrobeat erweiterte. Zuletzt trat Tony Allen mit jüngeren Musikern der Allstar-Rockband The Good, The Bad & The Queen auf, die seinen geschmeidigen Jazz-Grooves folgten und bewundernd zu ihm aufschauten, wie er lässig und lachend hinter den Drums thronte.

Die Nachricht von Allens Tod traf die Musikwelt am Freitag völlig unvorbereitet. Wie die französische Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Allens Manager Eric Trosset berichtete, starb der gebürtige Nigerianer am Donnerstag mit 79 Jahren im Pariser Vorort Courbevoie - nach kurzem Unwohlsein und wohl nicht an der zurzeit auch in Frankreich wütenden Lungenkrankheit Covid-19. Die Plattenfirma Comet Records bestätigte der Deutschen Presse-Agentur die Angaben und fügte hinzu: „Tony war der coolste Mensch auf Erden!“. Es klang nicht allzu übertrieben - als einer der besten Schlagzeuger der Welt galt Allen schon lange.

Der als unermüdlicher Motor oder auch Herz des Afrobeat gerühmte Allen war, nach einer wundersamen Wiederentdeckung in den Nuller-Jahren, bei Konzerten und im Studio bis zuletzt voller Elan. Mit erstaunlicher kreativer Kraft hatte er - schon ein älterer Herr, aber körperlich fit und stets offen für neue Einflüsse - seit dem Comeback „Homecooking“ (2002) Platten veröffentlicht. Erst kürzlich erschien „Rejoice“, ein virtuoses Afro-Jazz-Album, das Allens Zusammenarbeit mit dem 2018 gestorbenen südafrikanischen Trompeter Hugh Masekela feierte.

Dass Afrobeat zum wohl wichtigsten Musikstil der afrikanischen Musik wurde und auch die westliche Popmusik massiv beeinflusste - es lag einerseits am legendären nigerianischen Saxofonisten und Bandleader Fela Kuti (1938-1997), aber eben auch an dessen Drummer. „Ohne Tony Allen gäbe es den Afrobeat nicht“, räumte Kuti später ein.

Schlagzeugspielen hatte sich der 1940 in Nigerias Metropole Lagos geborene Allen als junger Mann selbst beigebracht - inspiriert von Jazz-Helden wie Max Roach oder Art Blakey und natürlich von afrikanischer Musik. Auf rund 40, oft gegen Ausbeutung und Korruption anspielenden Alben von Kutis Band Africa ‚70 fusionierte der Schlagzeuger kongenial verschiedene Genres.

Als die beiden Musiker 1979 ihre Zusammenarbeit beendeten, soll Kuti der Legende nach vier Drummer angeheuert haben, um Allen zu ersetzen - so allumfassend und vielseitig war dessen Kunst an den Trommeln, Becken und Hi-Hats. „Ich glaube nicht an den Schlagzeuger, der sich hinsetzt und seinen ganzen Körper in den Beat wirft“, erklärte er seinen tiefenentspannten, auf den ersten Blick unspektakulären Stil. „Es ist ja nicht mein Körper, der Schlagzeug spielt. Es sind meine Arme und meine Beine. Ich benutze meine Handgelenke. Der Rest von mir muss ziemlich ruhig sein für die volle Konzentration.“

„No Discrimination“ hieß das wiederum politisch-sozialkritische Album, mit dem Allen 1980 als Drummer und Gelegenheitssänger in eine Solokarriere startete. Er wanderte 1984 nach London aus und zog schließlich in seine Wahlheimat Paris um, die eine große afrikanische Musikszene beherbergte. Dort arbeitete er mit Stars der sogenannten World Music und des Afro-Jazz wie King Sunny Adé oder - dem kürzlich mit 86 Jahren an Covid-19 gestorbenen - Manu Dibango zusammen. Auch Elektro-Sounds, Dub und Hip-Hop integrierte der Nigerianer in seinen polyrhythmischen Mix - und nannte das heiße Gebräu „Afro-Funk“.

Der große Popmusiker und Produzent Brian Eno hatte Allen zum „vielleicht größten Schlagzeuger, der je gelebt hat“, geadelt - da erlebte der Musiker nochmal einen sensationellen Karriereschub. Der umtriebige Ex-Frontmann der Britpop-Band Blur, Damon Albarn, holte sich den Drummer für seine Promi-Truppe The Good, The Bad & The Queen an Bord. Auf zwei starken Alben und bei phänomenal erfolgreichen Konzerttourneen spielte Allen als Afrobeat-Grandseigneur mit Albarn, Bassist Paul Simonon (The Clash) und Gitarrist Simon Tong (The Verve).

Auch im Projekt Rocket Juice & The Moon war er die im Wortsinne treibende Kraft neben Albarn und Flea von den Red Hot Chili Peppers. Und mit eigenen Platten wie „Secret Agent“ (2009), „Film Of Life“ (2014) oder „A Tribute to Art Blakey“ (2017) sowie in diversen Kooperationen erlebte Tony Allen verdienten späten Ruhm.

In wenigen Wochen wollten Mitstreiter und Fans den 80. Geburtstag einer höchst vitalen Musikikone feiern - dazu kommt es nun nicht mehr. „Tony Allen war sicher einer der besten Schlagzeuger auf dem Planeten“, sagte der Musikjournalist Abdul Okwechime, der Allen aus seiner Kindheit in Lagos kannte, der dpa. „Wir nannten ihn damals den Doktor des Schlagzeugs.“ Und Fela Kutis Sohn Femi schrieb auf Twitter: „RIP Mr Tony Allen“ („Ruhe in Frieden, Mr Tony Allen“).

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