Studie: Mehrheit der Jugendlichen lehnt Antisemitismus ab

Die Universität Salzburg hat eine Studie der Salzburger Zeithistorikerin Bernadette Edtmaier zum Thema Antisemitismus unter Österreichs Jugendlichen veröffentlicht. Demnach zeigte sich die überwiegende Mehrheit der 330 Befragten im Alter zwischen 13 und 24 Jahren empathisch mit Juden und Jüdinnen, sie lehnten Antisemitismus entschieden ab.

Die Mädchen und Burschen wurden schriftlich zu ihrem Bild über Juden befragt. Rund jeder Fünfte äußerte sich potenziell antisemitisch. In etlichen Fällen war laut der Autorin unklar, ob die Antwort einen klar antisemitischen Gehalt aufweist oder nicht. Das Antisemitismus-Spektrum reichte von emotionsgeladenen Aussagen wie „Ich hasse Juden“ bis zu vorsichtigen Kommentaren, die auf Stereotype anspielen, wie „Ich habe gehört, dass sie reich sind“.

Die Religionszugehörigkeit der Befragten fiel besonders ins Gewicht, erklärte Edtmaier. So seien muslimische Jugendliche bzw. jene mit türkischer und ex-jugoslawischer Migrationsgeschichte innerhalb des Antisemitismus-Spektrums etwas überrepräsentiert. Fast zwei Drittel aller Jugendlichen, die sich (potenziell) antisemitisch äußerten, gaben an, muslimischen Glaubens zu sein. Sie äußerten besonders im Kontext des Israel-Palästina Konflikts Abneigung gegen Juden und ergriffen meist klar Partei für die Palästinenser.

Die explorative Studie wurde im Rahmen von Edtmaiers Dissertation durchgeführt und erhebt nicht den Anspruch auf Repräsentativität, dafür ist die Stichprobe zu klein. Deshalb bedürfe es repräsentativer und umfassender Studien, inwieweit entlang dieser soziodemografischen Merkmale tatsächlich Zusammenhänge zu antisemitischen Äußerungen nachweisbar sind, stellte die Nachwuchsforscherin fest. Sie verwies aber auf andere Umfragen in Österreich und Deutschland, in denen dasselbe Muster wie in ihrer Befragung zu finden ist.

Der Antisemitismus bei muslimischen Jugendlichen könnte allerdings auch eine Reaktion auf erlebte Diskriminierung sein, schränkte die Zeithistorikerin ein. Denn gerade muslimische Personen mit Migrationsgeschichten seien oft sehr stark von sozialer Ausgrenzung und Armut betroffen. Die Untersuchung lege außerdem die Vermutung nahe, dass sich muslimische Jugendliche im Vergleich zu nicht-muslimischen Jugendlichen weitaus seltener des „Sprechtabus Juden“ bewusst seien und seltener sozial erwünschte Antworten geben, was wiederum die Dominanz muslimischer Jugendliche bei antisemitischen Antworten bis zu einem gewissen Grad relativiere.

Als Mittel zum Abbau antisemitischer Einstellungen werde von der Politik häufig der verpflichtende Besuch einer KZ-Gedenkstätte diskutiert. Edtmaier desillusionierte: „Eine detaillierte Analyse der Antworten jener Jugendlicher, die sich antisemitisch äußerten, ergibt, dass das Interesse an der NS-Zeit nicht zwangsläufig vor antisemitischen Einstellungen ‚immunisiert‘. Unsere Daten schließen damit an andere Studien an.“

Knapp zwei Drittel der von Edtmaier Befragten, die sich potenziell antisemitisch äußerten, besuchten bereits eine KZ-Gedenkstätte. „Will man Antisemitismus unter Jugendlichen in Österreich reduzieren, bedarf es folglich anderer Strategien. Zu dieser Frage wären dringend weitere Studien notwendig“, forderte die Wissenschafterin.

Gerade aufgrund der Politisierung des Themas sei es nicht einfach, Fördergelder zu lukrieren, ergänzte die Salzburger Zeithistorikerin Helga Embacher. Sie hat die Dissertation von Edtmaier betreut. Nicht zuletzt werde Antisemitismus von unterschiedlichen Seiten politisch instrumentalisiert, meinte Embacher.

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