Kim Jong-un nach wochenlanger Abwesenheit aufgetaucht

Rund drei Wochen war Kim Jong-un von der Bildfläche verschwunden - nun hat sich Nordkoreas autoritärer Machthaber nach Berichten der Staatsmedien wieder in der Öffentlichkeit gezeigt. Kim habe an einer Zeremonie zur Fertigstellung einer Düngemittelfabrik nördlich von Pjöngjang teilgenommen, hieß es am Samstag.

Die Feierlichkeiten hätten am Freitag stattgefunden. Die offizielle Zeitung „Rodong Sinmun“ zeigte Bilder von Kim, wie er in einem dunklen Mao-Anzug ein rotes Band zerschneidet und sich lächelnd im Kreis von Funktionären bewegt.

US-Präsident Donald Trump sagte in Washington angesprochen auf den Bericht: „Ich möchte das lieber noch nicht kommentieren.“ Man werde sich zu gegebener Zeit äußern.

Der inszenierte Auftritt Kims dürfte aber nach Ansicht von Beobachtern die Spekulationen um seinen Gesundheitszustand vorerst beenden. Die staatlich kontrollierten Medien hatten 20 Tage lang nicht mehr von öffentlichen Aktivitäten des Machthabers berichtet. Insbesondere nachdem er bei den Feierlichkeiten zum Geburtstag seines Großvaters und früheren Staatschefs Kim Il-sung am 15. April in Pjöngjang gefehlt hatte, hielten sich hartnäckig Gerüchte, Kim sei ernsthaft erkrankt.

Ein Grund dafür, warum er wochenlang von der Bildfläche verschwunden war, wurde jetzt in den Medien des Landes nicht genannt. Nordkorea ist eines der weltweit isoliertesten Länder. Am 11. April hatte Kim ein wichtiges Parteitreffen in Pjöngjang geleitet, danach war er nicht mehr aufgetaucht.

Der US-Nachrichtensender CNN hatte zuletzt unter Berufung auf einen Regierungsbeamten berichtet, Kim sei „nach einer Operation in ernsthafter Gefahr“. In Südkorea und bei der US-Regierung war der Bericht auf Skepsis gestoßen. Nach Angaben des Präsidialamts in Seoul gab es zunächst keine Hinweise auf größere Gesundheitsprobleme Kims. Auch war die Regierung in Südkorea davon ausgegangen, dass Kim weiter die Kontrolle über die Regierungsgeschäfte gehabt habe und außerhalb von Pjöngjang gewesen sei.

Südkorea und die USA äußerten vielmehr die Vermutung, der Machthaber habe sich zurückgezogen, um sich vor einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus zu schützen. Nordkorea hat bisher keine Ansteckungen gemeldet, aber entschlossene Schritte zur Vermeidung eines Ausbruchs angekündigt.

Die auf Nordkorea spezialisierte Internetzeitung „Daily NK“ in Südkorea hatte berichtet, Kim habe sich einer Operation am Herzen unterziehen müssen. Er erhole sich aber wieder außerhalb der Hauptstadt. Kim ist nach Angaben Südkoreas 36 Jahre alt. Er ist übergewichtig und gilt als starker Raucher. Sein Vater Kim Jong-il, von dem er die Macht übernommen hatte, war Ende 2011 war an einem Herzinfarkt gestorben, Großvater Kim Il-sung 1994 ebenfalls an einem Herzinfarkt.

Von der Zeremonie in der Fabrik hieß es, alle Anwesenden hätten „Hurra“ gerufen, um Kims Einsatz um die Düngemittelindustrie zu würdigen. Kim habe mehrere Orte auf dem Fabrikgelände angeschaut und sich über den Produktionsprozess informieren lassen. Er habe sich über das Geschaffene zufrieden geäußert und über die Aufgabe gesprochen, „unsere chemische Industrie mit korrekter Orientierung zu entwickeln, wie es das neue Jahrhundert erfordert“.

Die Fotos von der angeblichen Feier auf dem Fabrikgelände zeigen, dass im Publikum viele Personen Masken tragen und in einer gewissen Entfernung zum Podium stehen, auf dem sich Kim befindet. Er wurde laut KCNA von hochrangigen Mitgliedern der nordkoreanischen Führung begleitet, darunter seiner jüngeren Schwester Kim Yo-jong, die während der Spekulationen als mögliche Nachfolgerin ins Spiel gebracht wurde. Auf am Samstag veröffentlichten TV-Bildern wirken Kims Schritte steif und ruckartig. Womöglich sei Kim gesundheitlich in einer Verfassung, die ihm längeres Stehen nicht erlaube, sagte Nam Seong-wook, Professor für nordkoreanische Studien an der Korea University.

Dass Kim längere Zeit nicht öffentlich in Erscheinung tritt, ist schon einmal vorgekommen. 2014 war er fast sechs Wochen von der Bildfläche verschwunden. Danach zeigte er sich mit einem Gehstock. Der Geheimdienst in Südkorea vermutete damals, dass Kim eine Zyste am Sprunggelenk entfernt worden war.

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