Brasilien: Ex-Minister zu Vorwürfen gegen Bolsonaro befragt
Brasiliens Ex-Justizminister Sergio Moro ist von der Polizei stundenlang zu seinen schweren Anschuldigungen gegen Präsident Jair Bolsonaro befragt worden. Moro verließ den Sitz der Bundespolizei in der Stadt Curitiba nach mehr als acht Stunden. Moro wirft Bolsonaro vor, den Chef der Bundespolizei ausgetauscht zu haben, um Einfluss auf Ermittlungen gegen seine Söhne nehmen zu können.
Der frühere Justizminister war am Samstag am Sitz der Bundespolizei in Curitiba eingetroffen. Vor dem Gebäude hatten sich einige Dutzend Anhänger und Gegner des rechtsradikalen Staatschefs Bolsonaro versammelt, die sich gegenseitig beschimpften. Die Polizei musste die beiden Gruppen voneinander trennen.
Erst nach mehr als acht Stunden verließ Moro das Polizeigebäude. Inhalte seiner Aussage wurden nicht mitgeteilt. Die Zeitung „Estado de São Paulo“ berichtete auf ihrer Website, der Ex-Minister habe mit Bolsonaro ausgetauschte Textnachrichten und E-Mails vorgelegt. Zum Inhalt der Nachrichten wurde nichts bekannt.
Der in Brasilien hoch angesehene frühere Anti-Korruptionsrichter Moro war am 24. April im Zusammenhang mit der Entlassung des bisherigen Bundespolizeichefs Mauricio Valeixo zurückgetreten. Er warf Bolsonaro vor, mit der Entfernung des Polizeichefs politischen Einfluss auf die Behörde nehmen zu wollen.
Bolsonaro habe ihm gesagt, dass er den entlassenen Polizeichef durch jemanden ersetzen wolle, „die er persönlich kennt und die er anrufen könnte, um Informationen zu laufenden Ermittlungen zu erhalten“, erklärte Moro nach seinem Rücktritt. Die Bundespolizei ist unter anderem für Ermittlungen gegen Bolsonaros Söhne zuständig.
Ein Richter am Obersten Gericht des Landes wies die Bundespolizei Anfang der Woche an, Moros explosive Vorwürfe zu untersuchen. Moro sollte nach Verfügung des Gerichts binnen fünf Tagen zu seinen Vorwürfen befragt werden. Die Untersuchung könnte den Weg zu einem Amtsenthebungsverfahren gegen Bolsonaro ebnen.
Der Präsident weist Moros Vorwürfe als „unbegründet“ zurück. Am Samstag beschimpfte Bolsonaro seinen Ex-Minister im Onlinedienst Twitter als „Judas“.
Moro hatte am Freitag angekündigt, er werde seine Anschuldigungen während der Befragungen durch die Polizei mit Beweisen untermauern. Bolsonaro warf er vor, die Bekämpfung von Korruption sei „nicht die Priorität“ seiner Regierung.
Moros Ruf hatte allerdings ebenfalls gelitten, als im Juni vergangenen Jahres die Investigativ-Website „The Intercept Brasil“ über zwischen Moro und Staatsanwälten ausgetauschte Textnachrichten berichtete. Diese stellten Moros Unparteilichkeit bei der Verurteilung des linksgerichteten Ex-Staatschefs Luiz Inacio Lula da Silva zu einer langen Haftstrafe wegen Korruption in Frage.