Deutscher Außenminister gegen vorschnelle Auslandsreisen
Der deutsche Außenminister Heiko Maas wirbt für Besonnenheit bei der Aufhebung der weltweiten Reisewarnungen. Denn „wir können im Sommer nicht noch einmal eine Viertelmillion Menschen aus dem Urlaub zurückholen.“ Sollten die Leute aber „mit hinreichender Sicherheit aus dem Ausland zurückkommen, dann können wir die Reisewarnung schrittweise zurückfahren“, warnt Maas vor „Schnellschüssen“.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder hatten wegen der Corona-Pandemie im März umfassende Einschränkungen beschlossen, unter anderem der Bewegungsfreiheit. Einige davon wurden inzwischen aufgehoben, Kontaktbeschränkungen gelten aber noch immer. Auch eine weltweite Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gilt weiterhin, sie wurde am Mittwoch bis Mitte Juni verlängert. Schon Ende Juni beginnen in einigen Bundesländern die Sommerferien.
Zuletzt waren Rufe nach einer Aufhebung der Maßnahmen oder zumindest einen konkreten Fahrplan dafür immer lauter geworden, insbesondere aus der Wirtschaft, die massive Schäden befürchtet. In Berlin zogen am Samstag mehrere hundert Menschen auf die Straße, um gegen die Auflagen zu protestieren. Bei einer ähnlichen Kundgebung in Stuttgart waren es nach Veranstalterangaben sogar 5.000, die Polizei äußerte sich zur Teilnehmerzahl nicht. Bundesweit fanden zuletzt ähnliche Demos statt. Kritiker befürchten deren Vereinnahmung durch Verschwörungstheoretiker und Rechte.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bezeichnete Diskussionen über das Ausmaß der Beschränkungen als wichtig. „Das erzeugt der Politik gegenüber den heilsamen Zwang, täglich zu begründen, wie lange solche Maßnahmen verantwortbar sind“, sagte Steinmeier der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Die Maßnahmen sieht er in Deutschland nicht als Gefahr für die Demokratie. Die Demokratie nehme Schaden, wo die Krise missbraucht werde, um autoritäre Strukturen zu verstärken. Dafür gebe es Beispiele in Europa. „Ich sehe aber nicht, dass diese Sorge bei uns gerechtfertigt ist.“
Innenminister Horst Seehofer sieht die Grundrechte ebenfalls nicht in Gefahr. Die Einschränkungen seien zwar die tiefsten in der Geschichte der Bundesrepublik, schrieb er in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“. Sie unterlägen aber gerichtlicher Kontrolle, einige Maßnahmen seien auch aufgehoben worden - „ein Beleg dafür, dass die Gewaltenteilumng auch in der Krise funktioniert“.
Außenminister Maas betonte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe, die Grenzen in Europa dürften „keinen Tag länger als nötig“ geschlossen bleiben. Aber auch bei den Grenzöffnungen müsse die Regierung „kontrolliert und koordiniert vorgehen, um nicht die Fortschritte im Kampf gegen das Virus aufs Spiel zu setzen, für die wir alle in den letzten Wochen einen Teil unseres normalen Lebens geopfert haben“.
Bundespräsident Steinmeier warnte davor, dass der Höhepunkt der Pandemie vermutlich erst bevorstehe. Der komme, wenn in den ärmeren Regionen der Welt, wo die Gesundheitssysteme schwach seien, die Infektionsraten zunähmen. „Das betrifft uns alle“, sagte Steinmeier. „Es gibt keinen Exit aus der Weltgemeinschaft.“
Unterdessen gab der Gesundheitsminister Jens Spahn am Sonntag in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ zu, bei einer Berechnung der Infektionszahlen daneben gelegen zu sein. Die deutsche Bundesregierung nannte daher rund um den Bund-Länder-Gipfel vom vergangenen Donnerstag zu hohe Infektionszahlen. Damit habe er Verwirrung ausgelöst, so Spahn. Eine falsche Zahl hatte daraufhin auch Kanzlerin Angela Merkel bei der Pressekonferenz nach dem Bund-Länder-Gipfel genannt. Das Kanzleramt wollte sich auf Anfrage dazu nicht äußern.