Klimawandel

Forschergruppe will von Tälern in Tirol lernen

Das Horlachtal (im Bild) wird wissenschaftlich untersucht. Privatfotos könnten dabei helfen.
© Erschbamer

Eine deutsch-österreichische Forschungsgruppe untersucht die Folgen des Klimawandels in den Alpen anhand des Martell-, Kauner- und des Horlachtals.

Von Thomas Parth

Innsbruck –Trotz Corona finden sich deutsche und österreichische Universitäten zusammen und nehmen den Klimawandel in hochalpinen Lagen genau unter die Lupe. Wissenschafter von insgesamt fünf Universitäten und mehreren Disziplinen untersuchen den Zeitraum von 1850 bis heute. So soll auch ein Blick in die Zukunft möglich werden. Damit wird eine Grundlage für strategische Anpassungen an Veränderungen in der hochalpinen Landschaft geschaffen, was sich positiv auf das Management von Naturgefahren auswirken kann.

„Mit Hilfe von Vegetationsaufnahmen wird das heutige Inventar an Pflanzengesellschaften erfasst und mit alten Luftbildern verglichen“, schildert Brigitta Erschbamer vom Institut für Botanik der Universität Innsbruck ihre Vorgangsweise. Als Grundlage für einen Ausblick in die Zukunft soll zunächst ein Verständnis für Veränderungen in der Vergangenheit und ihre Ursachen erarbeitet und verbessert werden.

Untersuchungen im Martelltal, im Horlachtal in Niederthai und im Kaunertal

Die Forschungsgruppe befasst sich weniger mit dem Klimawandel selbst. „Vielmehr wollen wir Prozesse untersuchen, die durch Niederschlag und Temperatur angetrieben oder beeinflusst werden und sich im Rahmen des Klimawandels entsprechend verändern können“, erklärt Michael Becht von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Gemeint sind vor allem der Anstieg der Baumgrenze sowie die Besiedelung von Störflächen und von Gletschervorfeldern. Auch werden Prozesse, die die Erdoberfläche formen, wie z. B. Steinschlag, Muren, Abtrag am Hang und in Fließgewässern, betrachtet.

Die Forschungsgruppe führt ihre Untersuchungen im Martelltal sowie im Horlachtal in Niederthai und im Kaunertal durch. Den Forschern geht es auch um die Frage, ob und wie lokale Veränderungen von einem Gebietsteil zum nächsten weitergegeben werden. Wie werden etwa besiedelte Gebiete unterhalb der Hochlagen betroffen sein?

„Wenn ein Hangrutsch in einer Steillage vorkommt, interessiert es die Botaniker, welche Pflanzen sich als Pioniere erweisen und wie die weitere Besiedelung voranschreitet“, informiert Erschbamer. „Außerdem werden Vergleiche zur intakten Vegetation sowie die Besiedelung von Gletschervorfeldern analysiert. Sowohl Störflächen als auch Gletschervorfelder eignen sich auf Grund ihrer zeitlichen Datierbarkeit besonders gut für Zukunftsmodelle der Vegetationsentwicklung.“

Historische Fotografien wichtig

Die Forschungsgruppe bedient sich einerseits Modellrechnungen, die vorhandene historische Datenreihen miteinbeziehen. Andererseits wird mit Hightech-Methoden die heutige Situation erfasst. Eine wichtige Säule der Rekonstruktion stellen historische Fotografien dar.

Weil in (privaten) Archiven womöglich Fotos lagern, die den Wissenschaftern weiterhelfen könnten, ruft Erschbamer die Bevölkerung zur Mithilfe auf: „Wer historische Fotos aus den Untersuchungsgebieten Kaunertal, Horlachtal und Martelltal besitzt, den bitten wir, sich mit uns in Verbindung zu setzen.“ E-Mail: brigitta.erschbamer@uibk.ac.at. Die Bilder werden gescannt und umgehend retourniert.

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