Bürgerrechtler verklagen Trump-Regierung
Nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd im Zuge eines brutalen Polizeieinsatzes erhöhen Bürgerrechtler in den USA den Druck auf Präsident Donald Trump. Die Organisation ACLU verklagte seine Regierung vor einem Bundesgericht in Washington wegen des harten Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen Teilnehmer einer Demonstration gegen Polizeigewalt und Rassismus vor dem Weißen Haus.
Bei einer bewegenden Trauerfeier für Floyd in Minneapolis kündigte unterdessen Bürgerrechtler Al Sharpton in Anlehnung an eine legendäre Kundgebung von Martin Luther King im Jahre 1963 zudem für 28. August einen neuen „Marsch auf Washington“ an, um gegen Diskriminierung zu protestieren. Martin Luther King hatte damals mit den legendären Worten „I have a dream“ (Ich habe einen Traum) die Gleichberechtigung von Schwarzen und Weißen eingefordert.
Im ganzen Land gehen weiterhin Tausende Menschen auf die Straße, um für ein Ende von Polizeigewalt, Rassismus und anhaltender Ungleichheit zu demonstrieren. Auch in Wien versammelten sich am Donnerstagnachmittag laut Polizei rund 50.000 Menschen zu einer Anti-Rassismus-Demo. „Black lives matter!“, „No justice, no peace!“ und „I can‘t breathe“ ertönte es am Platz der Menschenrechte lautstark. Auch auf einem Begleitfahrzeug der Polizei war in Blinkschrift „‘BlackLivesMatter“ zu lesen. „
US-Präsident Trump rief indes die Polizei im ganzen Land zur Gleichbehandlung aller Bürger auf - unabhängig von ihrer Hautfarbe. „Das ist, was unsere Verfassung erfordert, und das ist es, worum es in unserem Land geht“, sagte Trump am Freitag bei einem Auftritt im Weißen Haus angesichts des überraschenden Rückgangs der US-Arbeitslosenquote.
Jeder Amerikaner müsse bei Begegnungen mit Sicherheitskräften die gleiche, faire Behandlung erfahren. Mit Blick auf die Arbeitsmarktdaten fügte Trump hinzu: „Hoffentlich schaut George jetzt gerade herunter und sagt, dass das eine großartige Sache ist, die in unserem Land geschieht. Dass es ein großartiger Tag für ihn ist, dass es ein großartiger Tag für alle ist.“
Den Polizeieinsatz in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota am Montag vergangener Woche, der zu Floyds Tod führte, nannte Trump inakzeptabel. „Wir alle haben gesehen, was in der vergangenen Woche geschehen ist. Das können wir nicht zulassen.“
Trump behauptete: „Niemand hat je für die Schwarze Gemeinschaft getan, was Präsident Trump getan hat.“ Trump verwies auf niedrige Arbeitslosenzahlen unter Minderheiten vor der Krise durch die Corona-Pandemie und die Förderung von traditionell von Schwarzen besuchten Universitäten.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen zeigte Verständnis für friedliche Proteste gegen „strukturellen Rassismus und unverhältnismäßige Gewaltanwendung durch Sicherheitskräfte“. Weiters rief er auf Twitter auf, weltweit „gemeinsam gegen Rassismus und Diskriminierung“ aufzutreten sowie „Grund- und Freiheitsrechte“ zu verteidigen, und forderte: „Hören wir rassistisch diskriminierten Menschen zu.“
In der Klagschrift, die die ACLU am Donnerstag (Ortszeit) veröffentlichte, hieß es unterdessen, bei der angeordneten Räumung der Kundgebung vom Montag seien Tränengas und Gummigeschoße gegen Demonstranten eingesetzt worden, die friedlich gegen den Tod Floyds protestiert hätten. In einem Tweet hieß es mit Blick auf das Tränengas, der Einsatz einer chemischen Waffe stelle eine unmenschliche Verletzung von Grundrechten dar.
Sicherheitskräfte hatten die Demonstranten gewaltsam von dem Platz vor dem Weißen Haus weggedrängt. Trump war daraufhin mit einem Gefolge für einen Fototermin zu einer nahe gelegenen Kirche gegangen und hatte dort mit einer Bibel in der Hand für die Kameras posiert.
„Der beschämende, verfassungswidrige, unprovozierte und offen gesagt kriminelle Angriff des Präsidenten auf Demonstranten, weil er mit deren Ansichten nicht einverstanden war, erschüttert die Grundlage der verfassungsmäßigen Ordnung unserer Nation“, sagte ein ACLU-Sprecher dem Sender CNN.
Eingereicht wurde die Klage von der American Civil Liberties Union (ACLU) sowie einzelnen Teilnehmern des Protests im Namen der Bewegung „Black Lives Matter“. Auch Justizminister William Barr und Verteidigungsminister Mark Esper werden in der Klage genannt. Barr hatte den Einsatz am Donnerstag verteidigt. Die ACLU kündigte auch Klagen wegen des Einsatzes von Sicherheitskräften gegen Journalisten während der Demonstrationen an.
Kurz nach der Trauerfeier deaktivierte Twitter unterdessen das Video von Trump zu dessen Gedenken. Der US-Kurznachrichtendienst begründete den Schritt am Freitag mit Urheberrechtsbeschwerden, die eingereicht worden seien. Das Video besteht aus Fotos und Videosequenzen von Protestmärschen und Gewaltszenen - unterlegt mit Worten von Trump.
Am Samstag soll es in Raeford im US-Staat North Carolina noch eine weitere Trauerfeier für Floyd geben, am Dienstag soll er dann im texanischen Houston beigesetzt werden.
Floyd war am Montag vergangener Woche bei einer Festnahme in Minneapolis gestorben. Ein weißer Polizeibeamter hatte sein Knie fast neun Minuten lang in den Nacken des am Boden liegenden Floyd gedrückt - trotz aller Bitten des 46-Jährigen, ihn atmen zu lassen. Der Beamte und drei weitere beteiligte Polizisten wurden nach Bekanntwerden des Vorfalls entlassen. Sie wurden inzwischen festgenommen und angeklagt.