Österreichischer Antikörpertest im Sommer einsatzbereit
Ende März haben österreichische Forscher mit der Entwicklung eines Tests zum Nachweis von SARS CoV-2-Antikörpern im Blut begonnen. In kurzer Zeit ist es ihnen gelungen, ein nach eigenen Angaben „qualitativ hochwertiges“ Testsystem zu entwickeln, das auch in kleinen Labors angewendet werden kann. Es wird derzeit validiert und sollte im Sommer einsatzbereit sein, sagten die Forscher.
Der an der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York (USA) tätige österreichische Virologe Florian Krammer war einer der ersten Forscher weltweit, der einen Test zum Nachweis von Antikörpern gegen das neue Coronavirus im Blut entwickelt hat. Damit lässt sich überprüfen, ob jemand bereits eine Covid-19-Erkrankung durchgemacht hat. Krammer und sein Team legten ihre Herangehensweise an den serologischen Nachweis mit dem Ziel offen, dass es auch von anderen Laboratorien aufgegriffen werden kann.
Genau das hat ein Team um Reingard Grabherr vom Department für Biotechnologie der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien getan. Gemeinsam mit Forschern der Veterinärmedizinischen Universität (Vetmed) Wien und der Medizinischen Universität Wien wurde aufbauend auf den Arbeiten Krammers innerhalb weniger Wochen ein serologischer Test entwickelt, der einen spezifischen und sensitiven Nachweis von SARS CoV-2-Antikörpern im Blut erlaubt, wie die Wissenschafter bei einer Online-Podiumsdiskussion der Boku berichteten.
Anfang April habe man per Post von Krammer die Konstrukte für Test-Antigene erhalten. „Wir konnten damit rasch an der Boku selbst Proteine herstellen und haben auch begonnen, eigene Konstrukte herzustellen“, sagte Miriam Klausberger vom Boku-Institut für Molekulare Biotechnologie. Solche Antigene sind notwendig, um die bei der Immunantwort auf eine Infektion gebildeten Antikörper erkennen und binden zu können. Die Forscher verfügen nun über zwei Test-Antigene (eines die Rezeptorbindungsdomäne, das andere das Nucleocapsid-Protein), mit denen vergangene Woche die ersten Prototypen für das notwendige Equipment des Antikörpertests angefertigt wurden.
Diese werden nun von Christoph Binder von der Klinischen Abteilung für medizinische und chemische Labordiagnostik der Medizin-Uni Wien unter die Lupe genommen. „Wir wollen testen, wie robust der Test unter Real-Life-Bedingungen eines diagnostischen Labors ist und wie er im Vergleich zu kommerziell erhältlichen Methoden ist“, sagte Binder. Dabei sollen Spezifität und Sensitivität des Tests geprüft werden - ersteres um zu analysieren, ob es falsch positive Ergebnisse gibt, letzteres um zu überprüfen, wie gering die Menge an Antikörper sein muss, um noch etwas zu erkennen.
Hilfreich dabei sei eine große Biobank an Blutproben, einerseits aus der Zeit vor Corona, die also garantiert negativ seien, womit sich die Spezifität bestimmen lässt, andererseits mit Proben von Patienten, die bereits an Covid-19 erkrankt waren, so Binder. Er rechnet damit, dass die Leistungsbewertungsprüfung die nächsten paar Wochen dauern wird und ist „zuversichtlich, dass der Test schon im Sommer eingesetzt werden kann“.
Bei der Herangehensweise haben sich die Wissenschafter für einen „sehr klassisches Aufbau“ eines sogenannten ELISA-Verfahrens (Enzyme-linked Immunosorbent Assay) entschieden, sagte Wilhelm Gerner vom Institut für Immunologie der Vetmed. Der Hintergedanke dabei sei gewesen, dass der Test dadurch in vielen diagnostischen Labors eingesetzt werden könne, weil die dafür notwendigen Analysegeräte weit verbreitet seien. Tests großer biomedizinischer Unternehmen würden dagegen hoch spezialisierte Analysegeräte verwenden, die nur von diesen Firmen vertrieben werden und auch die entsprechenden Nachweissysteme müsse man von diesen zukaufen - „das ist ein Flaschenhals“, sagte Gerner.
Binder hofft, dass der von den Unis entwickelte Test jene kommerzieller Anbieter hinsichtlich Spezifität und Sensitivität übertreffen wird können. Der Labormediziner berichtete über erste Vergleiche kommerziell angebotenen Antikörpertests. Diese würden sich durch hohe Spezifität von bis zu 99,7 Prozent auszeichnen. Doch bei der nur sehr niedrigen Verbreitung der Infektion würden 0,1-Prozent-Punkte sehr viel ausmachen: „99,7 Prozent Spezifität klingt zwar sehr gut, aber dann habe ich nur eine 80-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass das ein richtig positiver Befund ist“, so Binder.
Er ist zuversichtlich, den selbst entwickelten Test besser zu machen und eine Spezifität von 99,9 Prozent zu erreichen. Auch bei der Sensitivität hofft er, bessere Ergebnisse als die kommerziellen Tests zu erreichen. Diese sei nämlich bei den Proben, mit denen die Med-Uni gemessen hat, im Unterschied zu den Angaben der Anbieter mit rund 90 Prozent gar nicht so hoch gewesen.