Suchtmittelkriminalität weiter angestiegen
Die Drogenkriminalität ist in Österreich weiter angestiegen: Im Vergleich zum Jahr davor hat die Zahl der Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz 2019 um 5,6 Prozent zugenommen und markiert damit einen Höchststand. Der Zuwachs von 41.044 Anzeigen (2018) auf 43.329 im vergangenen Jahr ist unter anderem auf Schwerpunktaktionen sowie vermehrte Bestellungen aus dem Internet zurückzuführen.
Im Bundesländervergleich zeigt der „Lagebericht zur Suchtmittelkriminalität 2019“ des Bundeskriminalamts (BK) große Unterschiede auf: Zwar wurden die meisten Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz (SMG) mit über 13.000 wie gewohnt in Wien gemeldet, hier lag der Anstieg aber bei „nur“ drei Prozent. Um über 20 Prozent gingen die Anzeigen in der Steiermark die Höhe - und stiegen im Vorjahr von 4.140 auf exakt 5.000 im Jahr 2019 an. „Wir hatten große Probleme in Grazer Parks, hier wurde daher groß kontrolliert“, erläuterte Bundeskriminalamtsdirektor Gerhard Lang bei der Präsentation des Lageberichts 2019 gegenüber Medienvertretern. In Graz wurden im vergangenen Jahr zahlreiche Anzeigen und Sicherstellungen von Drogen bei der Überwachung zweier Parks - Volksgarten und Metahofpark im Rahmen von Schutzzonen verzeichnet, nachdem dort immer größere Probleme mit Dealern offenbar wurden. Ganz gegen den Trend lief es in Oberösterreich, wo keine Zunahme der Anzeigen gegenüber 2018 festgestellt werden konnte.
Bei der Problematik „Dealen im öffentlich Raum“ und bei Drogendelikten allgemein werde es im Jahr 2020 trotz der Coronapandemie keinen großen Rückgang geben, prognostizierte der Bundeskriminalamtsdirektor: „Der Straßenhandel hat sich sofort etwas verlagert, in Hinterhöfe und Wohnungen - aber es ist nicht alles ins Internet verschwunden“, erläuterte Lang. Dass Süchtige Bares zur Drogenfinanzierung benötigten, zeige die fast unveränderte Zahl bei Kellereinbrüchen - einem Delikt, das der Beschaffungskriminalität teilweise zugerechnet werden kann - Wohnungseinbrüche gingen aber im Vergleich um fast die Hälfte zurück.
Das angesprochene Internet ist für die Drogenfahnder weiterhin ein zunehmendes Betätigungsfeld, 2016 bis Ende 2019 wurden von der Polizei und der Zollverwaltung rund 9.100 Sendungen mit Drogen aufgespürt. Diese enthielten insgesamt rund 232 Kilogramm sowie 67.300 Einheiten Suchtmittel - zu 100 Prozent aus dem Darknet bestellt und zu 75 Prozent aus den Niederlanden verschickt, wie die Ermittlungen ergeben haben. Daniel Lichtenegger, Leiter des Büros für Suchtmittelkriminalität im Bundeskriminalamt, berichtete, dass Österreich vom Online-Suchtmittelhandel extrem stark betroffen ist. Bei einem Projekt mit Beteiligung der Gerichtsmedizin Innsbruck und dem Rauschgiftdezernat des Landeskriminalamtes Bayern (BLKA) werden Postsendungen aus „forensischer Sicht“ aufgearbeitet - die DNA könne man da etwa feststellen. Neue Ermittlungsmethoden für die Praxis könnten ein Resultat sein, das die Drogenpost treffen wird.
Das Internet ist als Werkzeug für den Drogenhandel jedenfalls nun schon einige Jahre Schwerpunkt bei der Arbeit gegen den Suchtmittelhandel - und funktioniert dabei nicht losgelöst von den altbekannten Handelswegen. Daher wirkte Österreich auch 2019 an internationalen Projekten mit, die unter anderem die Ermittlungsstrategien der Balkanländer stärken sollten und kriminaltaktische Maßnahmen im Bereich des Internets und Darknets zum Inhalt hatten. Als Beispiel wurde das ISF-P-National Projekt „Drug Policing - Schwerpunkt Westbalkan und Darknet“ genannt, das im Juli 2017 initiiert und 2019 mit erfolgreicher Bilanz beendet wurde.
Ein neues Thema ist für den Leiter des Büros für Suchtmittelkriminalität der Boom um Cannabidiol-Produkte (CBD) - zwar ist CBD nicht psychoaktiv und fällt, sofern der Gehalt an THC 0,3 Prozent nicht übersteigt, daher auch nicht unter das Suchtmittelgesetz. Problematisch könnte es für Besitzer solcher Produkte im Falle einer Kontrolle trotzdem werden: „Den Konsumenten muss klar sein: Wenn er kontrolliert wird, dann wird wie bei einem normalen Suchtmittel verfahren“, was bedeutet, dass der Besitzer erst einmal die Feststellung abzuwarten hat, ob sein CDB-Gras auch wirklich ausreichend THC-frei ist - mit freiem Auge ließe sich die Legalität nicht feststellen.
Anzeigen bei einer Überschreitung der Grenzmengen habe es im Kontext mit CDB jedenfalls bereits gegeben. Lichtenegger vermisst im Fall der gehypten Substanz zudem, dass hier keine wissenschaftliche Evidenz über die Auswirkungen bei Konsum auf längere Zeit existieren würden. In Zukunft werde man sich dem Cannabidiol verstärkt widmen, kündigte er an.