11.000 an Tirols Grenzen abgewiesen, Kritik an Gesetzesflut
Tirols Polizeichef zieht Bilanz aus Sicht der Exekutive kritisiert die Flut an teils unklaren Corona-Verordnungen, die kaum noch zu vollziehen waren.
Von Thomas Hörmann
Innsbruck – Die Urlaubssperre ist aufgehoben, die Dienstpläne entsprechen wieder jenen vor der Corona-Krise: Nach drei Monaten im Covid-bedingten Ausnahmezustand zieht Landespolizeidirektor Edelbert Kohler Bilanz aus Sicht der Exekutive. Und kritisiert bei der Gelegenheit auch die Flut an Gesetzen, Verordnungen und Dienstanweisungen, die im Stundentakt erlassen wurden und kaum noch vollziehbar waren.
„Corona hat uns alle überrascht. Die eigentlichen Aufgaben der Polizei sind in den Hintergrund getreten“, so Kohler. Der Verkehr nahm stark ab, ebenso die illegale Migration. Auch die Kriminellen waren während der Ausgangsbeschränkungen „im Home-Office“. Dennoch wurde die Krise für die Exekutive zur Belastungsprobe: „37 Polizisten wurden infiziert, wir mussten vier Dienststellen schließen.“ Den exponentiellen Anstieg in den Reihen der Beamten habe man aber im letzten Moment verhindern können. „Bei einer weiteren Zunahme wären wir bald ans personelle Limit gestoßen“, so Kohler weiter. Aber durch die Aufteilung der Beamten in Dienstgruppen und die Absonderung von 250 Verdachtsfällen konnten die Infektionsketten unterbrochen werden.
Eine Herausforderung war für die Polizei auch die Grenzsicherung in einem noch nie dagewesenen Ausmaß: 115 Polizisten überwachten gleichzeitig die 24 Tiroler Grenzübergänge, kontrollierten 606.804 Personen und verweigerten 10.981 Menschen die Einreise. Obwohl die Polizei bei der Überwachung der Corona-Beschränkungen 4662 Anzeigen (die meisten nach Wien) erstattete und 1062 Organmandate ausstellte, habe die Bevölkerung Verständnis gezeigt und zusammengehalten. „Wir haben versucht, mit Vernunft vorzugehen.“ Zumal polizeiintern bald feststand, das beispielsweise Corona-Partys nicht verboten waren.
In diesem Zusammenhang als erschwerend nennt Kohler die Flut an Gesetzen, Verordnungen und Erlässen, „die nicht immer klar formuliert waren“. Es sei schwierig gewesen, die Inhalte der Bevölkerung zu kommunizieren. Insgesamt mussten die Beamten 130 Covid-Gesetze und Verordnungen vollziehen. „Ich wünsche mir, dass wir nicht als Spielverderber der Nation gesehen werden, sondern als Freunde und Helfer“, erklärt Kohler.
Zu den Vorwürfen, die Polizei habe in Ischgl Lokale zwar kontrolliert, aber nicht geschlossen, wollte der Polizeichef mit Hinweis auf das laufende Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft inhaltlich keine Stellung nehmen. Er betont aber, „zu hundert Prozent hinter dem Vorgehen der Polizisten in Ischgl“ zu stehen. Zumal die rechtliche Situation damals keineswegs klar war. Zu ähnlichen Vorwürfen bezüglich St. Anton sagt Kohler, dass die entsprechende Verordnung noch gar nicht in Kraft war.