Wildcampen als Volkstrend: Lage im Außerfern eskaliert
Ausflügler stürmen die Naherholungsgebiete und campen sogar im Naturschutzgebiet. Die Bergwacht ist im Dauereinsatz. Es hagelt Anzeigen.
Reutte, Kufstein – „Wir waren bislang immer sehr kulant. Aber damit ist jetzt Schluss. Wir werden ab sofort mit der vollen Härte des Gesetzes gegen Wildcamper vorgehen“, sagt der Außerferner Bergwachtchef Albert Kerber. Und die Entschlossenheit ist ihm ins Gesicht geschrieben. Schon zu Pfingsten hatten die Bergwächter alle Hände voll zu tun. „An die 45 Biwakierer wurden am Säulingplateau gezählt. Sogar ein Firmenausflug machte sich auf den Weg – ausgerüstet mit Grillpfanne, Fackeln und Zelten“, schüttelt Kerber den Kopf.
Das vergangene Fronleichnamswochenende hat das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht. Kerber: „Die Lage im Bezirk eskaliert. Wir hatten 35 Wildcamper am Blindsee in Biberwier, 45 am Plansee, weitere 25 im Talkessel von Reutte und als neuer Hotspot hat sich das Gebiet am Lech zwischen Forchach und Weißenbach herauskristallisiert. An einem einzigen Platz haben wir 15 Wildcamper angetroffen.“
Wie ernst es der Bergwacht ist, zeigt der nächtliche Einsatz an den Siegelseen im Schwarzwasser. „Wir bekamen einen Anruf, dass sich dort Camper aufhalten und auch Feuerstellen errichtet haben. Also sind meine Kollegen um vier Uhr morgens aufgebrochen. Um 5 Uhr wurden die Wildcamper dann je aus dem Schlaf gerissen und angezeigt“, sagt Kerber. Im Zuge der Streife machten die Bergwächter aber noch eine weitere Entdeckung in den Lechauen – mitten im Natura-2000-Gebiet. „Das glich mehr einem Campingplatz als einem Naturschutzgebiet. Die Bergwächter mussten sich Kfz für Kfz durch den illegalen Campingplatz arbeiten. Es hagelte Anzeigen. Ein großer Teil der Wildcamper kommt aus Deutschland, aber auch Fahrzeuge aus Innsbruck und Innsbruck-Land waren dabei“, weiß Kerber.
Auch die Parkplätze am Urisee, Frauensee und Säuling haben sich zur Partylocation entwickelt. Vor allem die Hinterlassenschaften wie Müll – auch in den Stuibenfällen und im Rotlechtal – sorgen für Ärger. „Ich habe Verständnis dafür, dass die Leute nach so langer Zeit raus in die Natur wollen. Aber so geht das nicht. Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht von der Bevölkerung, Jägern, Förstern oder Gemeinden angerufen und auf Missstände hingewiesen werden. Ich bedauere es sehr, aber wir werden großflächig kontrollieren“, warnt Kerber. Und die Strafen fallen nicht gering aus. Wer gegen das Campinggesetz verstößt, muss mit 220 Euro Bußgeld rechnen. Kommen Verstöße gegen das Abfallwirtschafts-, das Naturschutz- und das Feldschutzgesetz hinzu, sind Strafen im hohen dreistelligen oder sogar vierstelligen Bereich fällig.
Probleme auch in Kufstein
Entschlossen ist man auch im Bezirk Kufstein. Nur setzt man vorerst dort bei der Bergwacht auf das Verteilen von Informationsfoldern. „Wir machen darauf aufmerksam, dass das Campieren verboten ist“, wie Bergwachtchef Zvonko Karadakic berichtet. Besonders der Parkplatz am Kufsteiner Hechtsee ist beliebt bei Wanderern, die ihr Hotel auf vier Rädern gleich mit dabei haben. Nicht nur Seen gehören zu den bevorzugten Campierflächen. Karadakic verortet auch Bergbahnparkplätze als zunehmendes Problem. Und so mancher Camper hinterlässt dort auch ein übelriechendes Souvenir, wenn er die Fäkalien ableitet, wie der Bergwächter kritisiert. (fasi, wo)