Regeln für Auslandsreisen: Gehalt bleibt, Ballermann als Tschernobyl bei Corona
Wenn Arbeitnehmer im Ausland an Covid erkranken, sich aber an Regeln gehalten haben, drohen doch keine Konsequenzen. Der VKI rät zu Pauschalreisen.
Wien – Man kann davon ausgehen, dass Spaniens König Felipe VI. und Königin Letizia gestern bei ihrer Mallorca-Visite weder eine „Party unter Missachtung aller Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen gefeiert“ haben. Noch haben sie „gemeinsam aus Gefäßen und Strohhalmen getrunken“. Würden Österreicher das auf der Baleareninsel tun und an Covid erkranken, hätten sie arbeitsrechtliche Konsequenzen zu fürchten.
Party-Feiern und Strohhalm-Trinken nennt das österreichische Arbeitsministerium explizit als Beispiele für grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten im Urlaub, das dazu führen kann, dass der Arbeitgeber das Entgelt nicht weiterzahlen muss.
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In der Regel sollten Reisen nach Mallorca oder etwa Paris, wo gestern der Eiffelturm wieder für Besucher geöffnet wurde, kein Problem darstellen – wenn man sich an die dortigen Corona-Auflagen hält und dann an Covid erkrankt. Zu diesem Ergebnis kam das Ministerium nach einem Treffen mit Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, ÖGB und Industriellenvereinigung. Keine Sicherung der Entgeltfortzahlung gebe es jedoch, wenn der Arbeitnehmer in einem Land mit Reisewarnungsstufe 5 oder 6 urlaubt, so das Ministerium. Dies gilt in der EU aktuell für Schweden, Großbritannien und Portugal sowie für die italienische Region Lombardei und für das deutsche Bundesland Nordrhein-Westfalen.
Ein Entlassungsgrund liege im Falle einer Erkrankung aber nicht vor. Generell kann der Arbeitgeber „eine Reise ins Ausland nicht verbieten oder als Entlassungsgrund heranziehen“, so das Ministerium. Außerdem muss man dem Arbeitgeber nicht bekannt geben, in welches Land man reist. Die Arbeiterkammer Tirol sieht sich nach dem runden Tisch mit Arbeitsministerin Christine Aschbacher in ihrer Rechtsmeinung bestätigt. Zuvor hatten Arbeitsrechtler gewarnt, dass man nach einer Covid-Ansteckung im Ausland im schlimmsten Fall sogar den Job verlieren könne. Dem widersprach die AK.
Seit gestern findet sich auf der Ministeriums-Homepage auch ein Handbuch mit den konkretisierten Regeln. Ein anschließendes Gesetz brauche es dafür nicht, da das Handbuch nur eine Klarstellung sei, sagte ein Ministeriumssprecher. „Wir haben die bestehenden Regeln so ausgelegt, dass alle klar wissen, was die Spielregeln sind.“
„Der Ballermann ist das Tschernobyl des Epidemiologen"
Mallorca ja, Ballermann mit Abstand, aber ohne Strohhalm heißt es aus der Sicht des Arbeitsministeriums. Ballermann besser gar nicht, rät der Gesundheitsminister. Das sei das Schlimmste, was man in so einer Situation machen könne, warnte Rudolf Anschober gestern bei einem Termin zu „verantwortungsvollem Reisen“.
Noch drastischer formulierte es der Wiener Reisemediziner Herwig Kollaritsch: „Der Ballermann ist das Tschernobyl des Epidemiologen“, warnte der Experte. Wie man nicht erst seit Ischgl wisse, „haben Infektionsherde im Zusammenhang mit Reisetätigkeiten verheerende Auswirkungen“, sagte der Mediziner. Er warnte vor so genannten Superspreading-Events, bei denen einzelne Infizierte selbst symptomlos sind, aber viele anstecken.
Das könne beispielsweise in Clubs, im Chor oder bei anderen engen Zusammenkünften mehrerer Menschen in geschlossenen Innenräumen passieren. „80 Prozent der Infektionen sind auf solche Events zurückzuführen. Bei Auslandsreisen soll man „nach wie vor auf der Hut sein, niemand kann sagen, ob und wann ein Superspreading-Event ausbricht“, warnte Kollaritsch.
VKI-Expertin empfiehlt Pauschalreisen
Auch der Verein für Konsumenteninformation (VKI) mahnte verantwortungsvolles Reisen ein. Maria Ecker, Bereichsleiterin Beratung beim VKI, empfahl Konsumenten, Pauschalreisen zu buchen. Im Falle eines Stornos gebe es einen Ansprechpartner, bei Individualreisen seien es unterschiedliche, „hier muss ich mich mit der Fluglinie und dem Hotel auseinandersetzen und die Rechte sind wesentlich schwieriger durchzusetzen.“ Die Expertin empfahl außerdem eine Reiseregistrierung beim Außenministerium.
Einmal mehr betonte Anschober, dass das „Virus nicht auf Urlaub ist“, das zeige die weltweite Ausbreitung mit Rekordwerten. So gab es in der vergangenen Woche im Schnitt 150.000 Neuinfektionen pro 24 Stunden. Vor dem Sommerurlaub müsse jeder prüfen, „was ist das Reiseziel, ist damit ein Risiko verbunden, gleichgültig, ob es sich um Caorle, das Salzkammergut oder Wien handelt“. (TT, APA)