Tirols Militärkommandant: „Natürlich haben wir Rückstau“
Tirols Militärkommandant Ingo Gstrein begrüßt das Bekenntnis zur Kernkompetenz militärische Landesverteidigung. Die Tiroler Garnisonen stehen für ihn nicht zur Debatte.
Von Wolfgang Sablatnig
Wien, Innsbruck – Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) verspricht, morgen im Nationalrat Rede und Antwort zu stehen. „Wir gehen sehr gerne hin“, kommentiert ein Sprecher die Aufforderung der gesammelten Opposition, sich der Diskussion mit den Abgeordneten zu stellen. Auch im Nationalen Sicherheitsrat werden die Reformpläne Thema sein.
In der Vorwoche hatte nach Auftritten der Ministerin und ihrer Mitarbeiter mehr Verwirrung als Klarheit geherrscht. Wie hält es das Bundesheer künftig mit der Landesverteidigung? Und was ist mit den Kasernen bzw. Garnisonen – also jenen Orten, wo zumindest eine Kaserne angesiedelt ist? Auch ein Fernseh-Auftritt der Ministerin ließ Fragen offen.
Der Tiroler Militärkommandant Ingo Gstrein ist gemeinsam mit seinen Kollegen Ende der Vorwoche informiert worden. Jetzt ist der Generalstab am Zug, der bis Ende des Jahres die politischen Absichtserklärungen in ein konkretes Konzept gießen soll.
Aus Tiroler Sicht kann Gstrein mit den Überlegungen, die aus dem türkis-grünen Koalitionsprogramm abgeleitet sind, gut leben, wie er im Gespräch mit der Tiroler Tageszeitung sagt: „Ich bin froh, dass der Kernbereich die militärische Landesverteidigung bleibt. Das ist ja das Selbstverständnis jedes Soldaten.“
Das Regierungsabkommen sieht eine Ausrichtung an den „einsatzwahrscheinlichen“ Aufgaben vor – Pandemien etwa, Migrationskrisen, aber auch ein „Blackout“, also ein großflächiger Stromausfall.
Stichwort Kasernen
Für den Militärkommandanten müssen sowohl die Landesverteidigung als auch die anderen Aufgaben gesichert sein. Manche Fähigkeiten, die dafür nötig sind, müssten auch erst aufgebaut werden. „Diese Ereignisse kündigen sich ja nicht lange an. Wir benötigen deshalb eine unmittelbare Reaktionsfähigkeit.“
Stichwort Kasernen: Tanner hat zuletzt nicht ausgeschlossen, einzelne Standorte zu schließen. Ganze Garnisonen will sie aber nicht aufgeben. In Wien etwa könnte die Armee Liegenschaften aufgeben. In Villach sollen zwei baufällige Kasernen geschlossen, eine dritte im Gegenzug modernisiert und ausgebaut werden. Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) unterstützt das Vorhaben.
Gstrein, der in den vergangenen Jahren in den Kabinetten verschiedener Ressortchefs von Gerald Klug (SPÖ) bis zum Übergangsminister Thomas Starlinger und zuletzt Tanner tätig war, sieht das Bekenntnis zu den Garnisonen im Zusammenhang mit den Planungen für so genannte „Schutz-und-Hilfe-Zonen“. Die regionalen Vertreter des Heeres sollen Ansprechpartner für Behörden und Blaulichtorganisationen sein. „Dafür brauche ich im Oberland Landeck und im Unterland St. Johann.“ Auch Lienz stehe damit als Standort des Militärs außer Frage.
Nächster Punkt: Ausrüstung. „Natürlich haben wir einen Investitionsstau“, sagt Gstrein. Zumindest sollen weitere Pandur-Mannschaftstransporter beschafft werden. Die Gebirgstruppe in Tirol hat zuletzt auch Hägglund-Fahrzeuge für das Gelände bekommen.
Große Defizite bestünden aber weiterhin, vor allem auch für die Miliz. Gstrein zählt auf: persönliche Ausrüstung, Funkgeräte, Waffen, Fahrzeuge. In den vergangenen Jahren mussten für jede größere Milizübung Helme quer durch Österreich gekarrt werden, um die Truppe auszustatten. Künftig soll jeder Milizsoldat seinen Helm zuhause haben.
Streitpunkt Miliz
Dies betrifft den nächsten Punkt der angekündigten Reformen: Türkis-Grün will die Miliz wiederbeleben. Übergangsminister Starlinger hatte noch darauf gedrängt, die verpflichtenden Milizübungen wieder einzuführen. Für diese Rückkehr zum früheren Modell zeichnet sich aber keine politische Mehrheit ab. Stattdessen setzen Tanner und ihre Mitarbeiter jetzt auf finanzielle Anreize schon für Grundwehrdiener.
Der Militärkommandant hofft, dass dieses Vorhaben funktioniert: „Ich denke schon, dass man den einen oder anderen finden kann. Es ist momentan jeder zusätzliche besser als keiner.“ Denn erst mit der Miliz würden die Verbände des Bundesheeres richtig einsatzfähig.