Wirtschaft im Gespräch

Steuerberater üben Kritik an umständlichen Corona-Hilfen

Klaus Hilber ist seit mehr als 20 Jahren Steuerberater.
© Vanessa Rachlé

Klaus Hilber, Präsident der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in Tirol, berichtet über Herausforderungen durch das Coronavirus.

Herr Hilber, Sie wurden vor Kurzem mit knapp zwei Drittel der Stimmen zum Präsidenten der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in Tirol wiedergewählt. Derzeit haben Steuerberater wegen der Corona-Krise alle Hände voll zu tun. Vor welchen Herausforderungen sind Sie gestanden?

Klaus Hilber: Die Regierung hat völlig neue Maßnahmen wie Kurzarbeit, den Härtefallfonds oder den Fixkostenzuschuss eingeführt. Gesetze, Verordnungen und Richtlinien sind die juristische Grundlage für das Ganze. Diese neuen Materien, die meist über Nacht geschaffen wurden, mussten einstudiert werden. Mehr zu schaffen machte jedoch, dass die Regelungen für die einzelnen Corona-Hilfen in sich nicht stimmig waren. Gleiche Wörter wurden je nach Beihilfe unterschiedlich ausgelegt und definiert. Diese Unstimmigkeiten und fehlenden Definitionen hätten vermieden werden können, indem man uns Steuerberater einbindet. Mit unserem Steuerfachsenat in Wien, der österreichweit tätig ist, haben wir die Expertise dafür. So hätten wir Widersprüche und Lücken von Anfang an ausräumen können. So entstand die dritte Herausforderung für uns: Die Regierung hat ständig nachgebessert, um Unstimmigkeiten zu glätten. Hinzu kam, dass Formulare immer wieder überarbeitet wurden, zum Teil mehrmals am Tag. So sind wir aus dem Lernen nicht mehr herausgekommen, hatten aber gleichzeitig unsere Klienten am Telefon, die Problemlösungen forderten. Das war nicht einfach.

Was halten Sie von der u. a. von Finanzminister Gernot Blümel ausgegebenen Devise „Koste es, was es wolle“?

Hilber: Das war sicher wichtig, um die Bevölkerung zu beruhigen. Das erwarte ich von einem Politiker. Die finanziell unabschätzbaren Folgen waren damals noch nicht absehbar. Das werfe ich dem Finanzminister nicht vor. Ich gehe davon aus, dass in der Bundespolitik Profis am Werk sind. Das merkt man im Marketing- und PR-Bereich und das erwarte ich ebenso im fachlichen Bereich, ansonsten ist derjenige an der falschen Stelle und gehört sofort ausgetauscht. Wenn der Profi sagt „Koste es, was es wolle“, dann erwarte ich, dass er dazu steht.

Und das scheint derzeit ...

Hilber: ... nicht ganz so zu sein, da im selben Zusammenhang gesagt wurde, die Hilfe wird schnell und unbürokratisch sein. Und genau das Gegenteil war der Fall. Bisher war das Ganze äußerst kompliziert und umständlich – einfach eine Katastrophe. Es wurden zwar für die Hilfen die Zugangsvoraussetzungen erleichtert, damit mehr Unternehmen in den Genuss der Hilfsgelder kommen. Doch das Prozedere wurde nicht verändert. Der ganze Zahlenfriedhof, der dahinterstand, muss derzeit auch noch eruiert und berechnet werden.

In welchem Zustand sind aus Ihrer Sicht die Unternehmen?

Hilber: Ich war zu Beginn der Krise schockiert, wie vielen Unternehmen das Eigenkapitalpolster fehlt, obwohl in den vergangenen zwei bis drei Jahren die Konjunktur auf Hochtouren lief. Normalerweise hätte man in dieser Zeit ausreichend Reserven bilden können. Ich mache dafür mangelnde kaufmännische Kenntnisse verantwortlich. Das ist die Folge von fehlerhaften bildungspolitischen Entscheidungen in den vergangenen 20 Jahren.

Welche Ziele haben Sie sich für die nächsten fünf Jahre Ihrer Amtszeit als Präsident der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer gesetzt?

Hilber: Ich möchte die Marke unseres Berufsstandes als Wirtschaftsberater in guten wie in schlechten Zeiten stärken. Gerade die Corona-Krise zeigt, dass wir unverzichtbare Berater der Wirtschaft sind. Und ich werde mich dafür einsetzen, dass das hohe Qualitätsniveau, auf dem wir arbeiten, gehalten wird. Wenn wir das Niveau senken, tun wir unseren jungen Kollegen nichts Gutes, denn dann tappen sie allzu leicht in die Haftungsfalle.