Plus

Ischgl und Corona: „Wir befanden uns fast in Schockstarre“

Tourismus-Geschäftsführer Andreas Steibl, Bürgermeister Werner Kurz und Seilbahnen-Vorstand Günther Zangerl (v. l.) bedauern die vielen Ansteckungen in Ischgl. Offen geben sie zu, dass Ischgl mit negativen Schlagzeilen bisher keine Erfahrung hatte.
© Thomas Böhm

Die Corona-Ansteckungen haben die bisher heile Welt im Tourismus-Hotspot Ischgl gehörig ins Wanken gebracht. Gemeinde, Seilbahnen und Tourismusverband wollen die Verbreitung von Ischgl aus nicht wegdiskutieren und bedauern die Auswirkungen.

Innsbruck – „Erst Piste, dann Party: Diese Ischgl-Kombination machte den Skiort zum Epizentrum der Coronavirus-Ausbreitung“, berichtete etwa die deutsche ARD-Tagesschau. Virenschleuder Europas, weltweit mehr als 10.000 Corona-Erkrankungen, die auf Ischgl zurückzuführen sind, Ischgl-Gate und Untersuchungskommission zum Krisenmanagement in Tirol: Vier Monate nach Verhängung der Quarantäne, Tausenden negativen Schlagzeilen in den nationalen und internationalen Medien sowie heftigen politischen Debatten sprechen der Ischgler Bürgermeister Werner Kurz, Andreas Steibl, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Paznaun-Ischgl, und Silvretta-Seilbahnchef Günther Zangerl im TT-Interview erstmals über die letzten Wochen, Fehler und ihre Erwartungen für die Zukunft.

***

Vom Ibiza der Alpen wurde Ischgl zur „Virenschleuder Europas“ gestempelt: Wie haben Sie die vergangenen Monate erlebt?

Bürgermeister Werner Kurz: Natürlich war die Berichterstattung in den Medien sehr negativ. Aber in unserem Tal und in Ischgl gibt es einen Zusammenhalt, der uns wieder vorwärtsblicken lässt. Es tut uns selbstverständlich sehr leid, dass sich viele Gäste in Ischgl mit dem Coronavirus angesteckt haben. Und wir bedauern das zutiefst.

Tourismusverbands-Geschäftsführer Andreas Steibl: Wir befanden uns fast wie in einer Schockstarre. Schließlich waren wir in den vergangenen zwei Jahrzehnten erfolgsverwöhnt, und plötzlich wurden wir mit einer Negativwelle konfrontiert, als ob das Virus bei uns entstanden wäre und wir daran schuld seien. Mit negativen Schlagzeilen hatten wir keine Erfahrung. Schlagartig waren die Medien gegen uns. Wir mussten erst lernen, mit dieser Situation umzugehen. Aber wie bereits Bürgermeister Werner Kurz erklärt hat: Wir sind sehr betroffen darüber, dass sich Gäste bei uns mit dem Coronavirus infiziert haben.

Silvretta Seilbahnen-Vorstand Günther Zangerl: Die Ansteckungskette bei uns lässt sich nicht wegdiskutieren, leider gab es auch tragische Einzelschicksale. Ich kann die Betroffenheit nachvollziehen, weil ich im Bekanntenkreis ebenfalls Menschen kenne, die massiv an den Folgen der Infektion gelitten haben. Das tut uns alles leid und wir würden es gerne rückgängig machen, wenn wir es könnten. Unabhängig davon, dass das Virus bei uns ja nicht den Ursprung hatte.

Verwandte Themen